Editorial: Natürliche Verbündete
Zu den wichtigsten Aufgaben der Menschheit in den nächsten Jahren gehört sicher, dass wir unsere Kohlendioxidemissionen reduzieren. Angesichts unseres Energiehungers und der weltweit immer noch hohen Nachfrage nach fossilen Brennstoffen wie Kohle oder Öl werden wir wahrscheinlich mit Einsparungen allein die steigenden Kohlendioxidkonzentrationen in der Atmosphäre nicht bremsen. Gefragt sind deshalb unkonventionelle Lösungen. Einen verblüffenden Ansatz beschreibt Douglas Fox ab S. 56: Eine ungewöhnliche Gesteinsformation im Oman entzieht der Luft aktiv Kohlendioxid und wandelt es in Minerale um – und das in geologisch betrachtet kurzer Zeit. Ein erstes Projekt testet inzwischen die Aufnahmekapazitäten des Mantelgesteins und eine mögliche industrielle Umsetzung.
Eines muss uns aber klar sein: Selbst bei einem Gelingen kann und wird diese Kohlenstoffsenke nur ein natürlicher Verbündeter gegen die Klimakrise sein. Ein zweiter – ebenfalls überraschender – Partner dafür lebt in Australien: der Dingo. Seit er vor mehreren tausend Jahren eingewandert ist, bestimmt er das Ökosystem des Fünften Kontinents mit. Wo heute noch Dingos in großer Zahl leben, sorgen sie dafür, dass die Lebensräume weniger durch eingeschleppte Arten wie Füchse, Katzen oder Kaninchen geschädigt werden. Und dadurch sind diese Ökosysteme besser in der Lage, Kohlenstoff einzulagern und sich an den Klimawandel anzupassen.
Doch was sind die Dingos überhaupt: Verwilderte Haushunde der Aborigines oder natürliche Nachfahren von Wölfen? Die Anthropologin Pat Shipman geht ab S. 32 auf Spurensuche im Erbgut und Verhalten der Dingos, die leider bei vielen Menschen völlig zu Unrecht einen schlechten Ruf haben.
Fundamental wird es schließlich in unserem Titelthema und dem Auftakt der dreiteiligen Serie zu Quantenfeldtheorien. Kevin Hartnett widmet sich darin dem »Fundament der Physik« aus mathematischer Sicht: eine harte Kopfnuss, an der sich wohl noch einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Zähne ausbeißen werden.
Viel Vergnügen beim Mitdenken wünscht
Daniel Lingenhöhl
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