Editorial: Ewige Feuer
Haben Sie schon einmal von untoten Feuern gehört? Das sind Brände, die vermeintlich gelöscht sind, aber unter der Oberfläche weiterschwelen, bevor sie unter günstigen Bedingungen wieder ausbrechen und erneut riesige Flächen verzehren können. Sie breiten sich mittlerweile zunehmend in den arktischen und subarktischen Gefilden unserer Erde aus.
Ab S. 50 schildern Randi Jandt und Alsion York, wie diese Zombiefeuer Alaska verändern und Teil einer gefährlichen Kaskade sind: Der Klimawandel erwärmt die Region und trocknet die Torfschichten aus, so dass diese leichter brennen. Die Winter werden kürzer und schneeärmer, was die Glutnester im Untergrund zu wenig eindämmt und neuerliche Feuer im folgenden Frühling erleichtert. Gleichzeitig zerstören die Brände den Permafrost; Böden sacken ab, und Treibhausgase gelangen verstärkt in die Atmosphäre, die wiederum die Erderwärmung antreiben.
Einige Wissenschaftler meinen sogar, dass wir uns im Pyrozän befinden, dem Zeitalter des Feuers: Wegen uns Menschen brenne es häufiger, intensiver und auch in Ökosystemen, die von Natur aus eigentlich nicht gefährdet sind, wie tropische Regenwälder oder nordische Moore. Tatsächlich ist die Lage etwas komplexer. Die Gesamtzahl der Wald- oder Buschbrände ist in den letzten Jahrzehnten weltweit zurückgegangen, weil Steppen oder Savannen in Ackerflächen umgewandelt wurden und sich Feuer dank moderner Technik effektiver bekämpfen lassen.
Auf der anderen Seite vernichten Buschbrände heute riesige Flächen nahezu ungebremst, wenn sie außer Kontrolle geraten, weil der Mensch das natürliche Feuerregime zerstört hat. Das vermehrt angesammelte Material lässt sie heißer und intensiver brennen. Die katastrophalen Folgen konnten wir 2019/20 etwa in Australien, Kalifornien oder Südamerika sehen, wo Millionen Hektar Wald in wenigen Wochen zerstört wurden. Selbst Feuchtgebiete wie das Pantanal sind inzwischen nicht mehr sicher, weil außergewöhnliche Dürren sie austrocknen, während gleichzeitig Menschen mit dem Zündholz roden wollen.
In Alaska hofft man nun darauf, dass sich die Natur selbst hilft, etwa indem sich durch den Klimawandel weniger feueranfällige Laub- statt der Nadelbäume ansiedeln. Noch ist das aber eine riskante Rechnung mit zu vielen Unbekannten.
Abwartend grüßt
Daniel Lingenhöhl
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