Editorial: Wunderwelt der Materialien
Die Vorstellung, unsichtbar zu sein, fasziniert die Menschheit seit Jahrtausenden und bekam mit dem Aufkommen der modernen Wissenschaft einen festen Platz in der Sciencefiction. Das reicht vom 1897 erschienenen Roman »Der Unsichtbare« von H. G. Wells bis hin zu Tarnvorrichtungen für riesige Raumschiffe in »Star Trek«. Inzwischen sind Tarnkappen jedoch mehr als Fantasterei: Im 21. Jahrhundert wurden sie Gegenstand seriöser Forschung.
Die bislang auf dem Experimentiertisch erfolgreich vor elektromagnetischer Strahlung abgeschirmten Objekte sind weitaus kleiner und die Effekte muten weniger spektakulär an als in Literatur und Film. Die Wirkung beschränkt sich meist auf einen engen Wellenlängenbereich oder mikroskopische Dimensionen (S. 42). Dennoch sind die Erfolge beachtlich; umso mehr, weil sie beispielhaft für die enormen Fortschritte in der Materialwissenschaft überhaupt stehen.
In den vergangenen rund zehn Jahren gab es bemerkenswerte Entwicklungen auf diversen Gebieten: Computersimulationen, Mikroskopietechniken sowie Herstellungsverfahren für verschiedenste hochkomplexe und nanometergenaue Strukturen. Gemeinsam ermöglichen sie neue Bauteile und Anwendungen oder helfen dabei, jahrmillionenalte Tricks der Natur zu durchschauen und zu kopieren.
Im Fokus stehen dabei nicht nur bestimmte Substanzen wie das zweidimensionale Graphen, das um 2010 zu Ruhm gelangte und rege Forschungstätigkeit auslöste. Oft lassen sich ähnlich spannende Phänomene mit ganz anderen Mitteln hervorrufen (S. 52). Heute geht es um mehr als bloß die Frage, was mit einem gewissen Grundstoff möglich ist. Man bedient sich vielmehr für eine gewünschte Funktion bei einem ständig wachsenden Werkzeugkasten an Methoden und Molekülen.
Das erlaubt die Konstruktion von Bauteilen mit nahezu beliebigen elektronischen, optischen oder chemischen Eigenschaften. In diesem Spezial, das eine Auswahl unserer Artikel zu jüngsten Entwicklungen bei dem Design und der Charakterisierung zukunftsweisender Materialien bündelt, entdecken Sie die erstaunlichen Potenziale neuer Werkstoffe und Labortechniken. Sie bringen uns manchen Visionen aus der Sciencefiction zumindest ein kleines Stück näher.
Zum Thema Herstellung noch ein Hinweis in eigener Sache: Auf Grund der stark gestiegenen Papier- und Energiekosten müssen wir den Heftpreis um € 0,50 und im Printabonnement um € 0,80 je Ausgabe erhöhen.
Eine erhellende Lektüre wünscht Ihr
Mike Zeitz
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