Direkt zum Inhalt

Editorial: Zwei starke Gefühle

Carsten Könneker

Hassen Sie auch schon? Die Frage ist ernst gemeint. Oder können Sie sich dem Trend entziehen? Vor allem im Internet artikulieren viele Menschen ihre Antipathie und Animositäten immer ungeschminkter, geben "Hasskommentare" ab und "Hassparolen" aus. Anderswo erheben sich "Hassgesänge", finden "Hassreden" oder gar "Hasspredigten" Gehör. Die Wortschöpfungen zeigen bereits an, dass wir es mit einer Entwicklung zu tun haben – und sie ist dynamisch: Die "Hassmail", das "Hassplakat" und die "Hassbotschaft" waren im März noch nicht vom Online-Duden erfasst. Es scheint, als erobere eine Emotion das Land, die unter den klassischen sieben Todsünden wohl irgendwo zwischen Zorn (ira) und Neid (invidia) zu verorten wäre und lange Zeit nicht gesellschaftsfähig war. Keine Frage: Das soziale Internet, in dessen tausenderlei Winkeln jeder alles Mögliche angiften kann, ermöglicht viele Ergüsse und Echoeffekte überhaupt erst. Doch die neue "Hasskultur" ist kein reines Kommunikationsphänomen. Psychologisch betrachtet, steht hinter den Schmähungen etwa gegen Asylsuchende in vielen Fällen ein Gefühl der Ohnmacht: Der Hassende glaubt, die Kontrolle sei ihm entglitten (siehe unseren zweiteiligen Brennpunkt ab S. 30).

Beim Titelthema rücken wir einem anderen starken Gefühl zu Leibe, der Lust. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Fernsehsendung "scobel" (Programmhinweis auf S. 16) beleuchten wir die Besonderheiten speziell der weiblichen sexuellen Begierde. Auch dieses Thema ist medial sehr präsent, etwa durch den spektakulären Erfolg der Romantrilogie "Fifty Shades of Grey". Seit 2011 wurden 100 Millionen Exemplare des Werkes der britischen Autorin E. L. James verkauft. Dessen junge Heldin verfällt einem Milliardär, der sie mit detailliert beschriebenen sadomasochistischen Praktiken beglückt. Lassen die Rekordverkäufe auf die Wünsche der – mehrheitlich weiblichen – Leserschaft schließen? Eher nicht, meint die Psychologin und Paartherapeutin Kirsten von Sydow. Im Interview mit Redakteurin Anna von Hopffgarten ab S. 12 verwehrt sich die Expertin gegen die Vorstellung, immer Lust auf Sex zu haben, sei ein begehrenswertes Ideal. Zudem erklärt sie, wie Frauen bei ausbleibendem Orgasmus den eigenen Körper neu entdecken können. Anorgasmie ist auch das Thema von Kayt Sukel. Im Dienst der Hirnforschung brachte sich unsere Autorin sogar höchstselbst im Tomografen zum Höhepunkt (S. 22).

Gute Gefühle bei der Lektüre des Heftes wünscht Ihr
Carsten Könneker

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Wie das Immunsystem wieder normal werden könnte

Neue Hoffnung bei Autoimmunkrankheiten: Erfahren Sie in unserem Artikel, wie innovative Behandlungsansätze das Immunsystem wieder normalisieren könnten. Plus: Warum gehen Wahlen oft knapp aus? Einblicke in die Mathematik politischer Entscheidungen.

Spektrum der Wissenschaft – Altern - Was uns länger leben lässt

Menschen altern unterschiedlich – abhängig vom Lebensstil, der Ernährung, dem Stresspegel oder dem sozialen Umfeld. Mit zunehmendem Lebensalter steigt auch das Risiko für Demenzerkrankungen wie Alzheimer. Ein wirksames Mittel gegen dieses Leiden ist immer noch nicht gefunden, neue Erkenntnisse aus der Forschung lassen jedoch hoffen. Die weltweit alternden Gesellschaften fordern aber nicht nur die Medizin heraus, sondern auch unsere Sozialfürsorge. Letztlich bleibt das wichtigste Ziel, möglichst lange gesund und agil zu bleiben.

Spektrum Kompakt – Junge Eltern

Die Zeit kurz nach der Geburt eines Kindes ist wohl für die meisten Eltern aufregend und mit vielen Umstellungen verbunden. Zahlreiche neue Themen gehen mit der Sorge für ein Neugeborenes einher. Doch auch Ängste und manchmal sogar negative Gefühle können sowohl Mutter als auch Vater belasten.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.