Editorial
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Unter allen Katastrophen, mit denen uns die Natur regelmäßig heimsucht, fallen die Tsunamis („Hafenwellen“) als besonders heimtückisch auf. Ausgelöst von oft nur unscheinbaren Ereignissen, etwa einem Seebeben, breiten sich die „Killerwellen“ – in tiefen Gewässern flugzeugschnell, an Küsten steiler werdend – über tausende Kilometer weit aus. Ein abruptes Ende finden sie dann an Küstenregionen, über die sie haushoch und blitzschnell hereinbrechen – mit schrecklichen Folgen. Der Tsunami, der am 17. Juli letzten Jahres die Nordküste Papua-Neuguineas verwüstete, erreichte eine Höhe von 15 Metern und forderte in wenigen Minuten mehr als 2200 Todesopfer. Im letzten Jahrzehnt wurden weltweit bereits 82 Tsunamis registriert – „weit mehr als der historische Wert von 57 pro Jahrhundert“, wie der Tsunami-Forscher Frank I. González in seinem Beitrag auf Seite 40 vermerkt. Eine regelrechtes Tsunami-Frühwarnsystem gibt es bislang nicht. Doch hoffen die Forscher, die Früherkennung und -warnung in den nächsten Jahren zu optimieren – durch ein weltweites Netzwerk von Tiefsee- und Erdbebendetektoren sowie ausgefeiltere Computersimulationen der Wellendynamik an gefährdeten Küsten.
Weniger gefährlich als phantastisch mutet an, was uns Kosmologen über das Wesen des Weltraums berichten: Nicht unbedingt unendlich müsse der Kosmos sein (Seite 50). Er könne ja auch „periodisch“ sein in dem Sinne, daß sich die Bilder eines endlichen Teils des Kosmos in bestimmten Entfernungen wiederholen. In einem „gekrümmten“ Kosmos etwa wäre es im Prinzip möglich – da Lichtstrahlen den gleichen Raumpunkt mehrfach erreichen können –, den eigenen Hinterkopf zu betrachten. „Periodisch“ kann aber auch heißen, daß der Raum gleich einem Kristall aus einer einzigen „Elementarzelle“ besteht, die uns der Kosmos nur unendlich oft vorspiegelt. Das Abbild ferner Galaxien zum Beispiel könnte dann gleich mehrfach am Himmel auftauchen.
Das klingt nach Science-fiction und ist doch nicht die Ausgeburt welt-ferner Mathematiker, die ihren Formeln mehr trauen als der Wirklichkeit. Tatsächlich schlagen sie den Astronomen vor, wie sich die Frage mit konkreten Beobachtungen entscheiden ließe. Das Rätsel könnte schon im nächsten Jahr gelöst werden, wenn Satelliten in der „kosmischen Hinter-grundstrahlung“ nach Mehrfachbildern Ausschau halten: Dann startet die NASA die „Microwave Anisotropy Probe“, im Jahr 2007 wollen die Europäer mit einem eigenen Satelliten nachfolgen – damit wir wissen, ob wir beim Blick zum Himmel wirklich auf unseren Hinterkopf achten sollen.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 7 / 1999, Seite 3
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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