Eine neue Generation von Fleckenlösern mit Mangan
Waschmittel enthalten zwei unterschiedliche Arten von Fleckentfernern. Die eigentlichen Detergentien haben den Zweck, wasserabweisende Oberflächen zu entspannen und dadurch beispielsweise Fette in Lösung zu bringen. Wasser und fettunlösliche Flecken, wie etwa Tee sie hinterläßt, werden dagegen durch Bleichmittel unsichtbar gemacht, die den Farbstoff oxidieren.
Dabei stellt sich das Problem, daß das Bleichmittel zwar stark genug sein muß, den Fleck chemisch anzugreifen, aber andererseits nicht so aggressiv sein darf, daß auch die Farbe oder die Fasern des Kleidungsstücks selbst Schaden nehmen. Weitgehend erfüllt diese Forderung dieselbe Substanz, die auch zum Blondieren von Haaren verwendet wird: Wasserstoffperoxid. Es ist zugleich umweltverträglich und auch preiswert in der Herstellung. Waschmittelpulver enthalten es gebunden in Feststoffen wie Natriumperoxoborat oder Natriumcarbonatperoxohydrat, die das Oxidationsmittel bei Kontakt mit Wasser freisetzen.
Wasserstoffperoxid hat allerdings den Nachteil, daß es erst bei Temperaturen über 60 Grad Celsius schnell genug wirkt Viele moderne Fasern oder bunt bedruckte Textilien müssen jedoch bei niedrigeren Temperaturen gewaschen werden, was außerdem Energie spart. Nachdem die jahrelange Suche nach besseren Bleichmitteln erfolglos war, blieb nur der Ausweg, Wasserstoffperoxid durch Zusatz eines Katalysators auch bei niedrigeren Temperaturen zu aktivieren. Schließlich weiß man seit dem letzten Jahrhundert, daß Metall-Ionen die oxidierende Wirkung der Substanz teils beträchtlich verstärken. Allerdings erwies es sich auch hier wieder als schwierig, das rechte Maß zu finden. Eisen-Ionen zum Beispiel wirken so stark, daß kleine Rostpartikel in Verbindung mit Wasserstoffperoxid Löcher in der Kleidung erzeugen können.
Deshalb erregte es einiges Aufsehen, als der niederländisch-britische Konzern Unilever Ende März ein Waschmittel auf den Markt brachte – in den Niederlanden unter dem Namen Omo Power und in Großbritannien als Persil Power-, das Wäsche schon bei 30 Grad wirksam bleicht. Über chemischen Hintergrund und Zusammensetzung bewahrte die Firma zunächst Stillschweigen.
Die Konkurrenz reagierte schnell. Der amerikanische Waschmittelproduzent Procter & Gamble lancierte eine Werbekampagne mit Photos von zerfetzten Kleidungsstücken, die angeblich durch die neuen Waschmittel ruiniert worden waren (Bild auf Seite 35). Als wissenschaftlichen Beweis präsentierte er die Ergebnisse von Tests, die verschiedene europäische Institute in seinem Auftrag durchgeführt hatten; danach hatten sich nach 50-maligem Waschen einige Kleidungsstücke weitgehend aufgelöst.
Als daraufhin der Markt für Omo Power in den Niederlanden zusammenbrach, startete Unilever schleunigst eine Gegenkampagne, in der die Firma extreme Bedingungen bei der Anwendung ihres Produktes für die Schäden an den Textilien verantwortlich machte; bei entsprechender Kombination von Stoffarten und Flecken ließen sich mit jedem beliebigen Waschmittel Löcher erzeugen. Zugleich aber wurde der Gehalt von Omo Power an bleichaktiven Substanzen reduziert und dies abwiegelnd als "normale Feinabstimmung" bei der Einführung eines neuen Produkts bezeichnet. Zudem gab Unilover eigene Untersuchungen in Auftrag, bei denen nach 15- bis 25-maligem Waschen keine sichtbaren Zerstörungen durch das modifizierte Waschmittel festgestellt werden konnten.
Inzwischen haben Mitarbeiter von Unilever in einer Fachveröffentlichung auch aufgedeckt, welche Katalysatoren hinter dem bei niedriger Temperatur aktiven Bleichmittel stecken ("Nature", Band 369, Seite 637). Demnach handelt es sich um Mangankomplexe mit Abkömmlingen von heterozyklischen Stickstoff-triaza-cyclo-nonan-Verbindungen als Liganden. Obwohl noch unbekannt ist, wie sie wirken, besteht wohl kein Zweifel, daß sie die Aktivität von Wasserstoffperoxid steigern. Teeflecken etwa werden bis zu dreimal besser entfernt als mit herkömmlichen Mixturen, die derzeit in Deutschland als Waschmittel zu haben sind.
Unklar ist allerdings auch noch, wo das Mangan aus dem Waschmittel endet. Auf dem Stoff bleibt es nicht hängen; denn sonst befände sich dort anstelle des Teerests am Ende vermutlich ein Braunstein-Fleck. Möglicherweise wird es von dem Zeolith gebunden, der dem Waschmittel als Weichmacher zum Eliminieren von Calcium-Ionen beigesetzt ist. In diesem Falle würde es in den Niederschlag im Abwasser wandern. Die Firma zumindest versicherte in einer Presseerklärung lakonisch, daß das Mangan "nicht in einer Form in die Umwelt abgegeben wird, die schädlich sein könnte".
Aus: Spektrum der Wissenschaft 9 / 1994, Seite 35
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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