Archäologie: Eine Uhr aus Scherben
Keramik, die bei über 700 Grad Celsius gebrannt wurde, kann Jahrtausende überdauern. Scherben von Gefäßkeramik bilden deshalb bei archäologischen Ausgrabungen meist das häufigste Fundgut. Das gilt auch für die Stätten der Nok-Kultur im westafrikanischen Nigeria. Doch lange wurden sie kaum beachtet, denn im Fokus der Forschung – leider auch des internationalen Kunstmarkts – standen die beeindruckenden Terrakottaskulpturen, die Nok-Künstler für den Götter- und Totenkult geschaffen hatten. Der Brite Bernard Fagg, der diese Kultur 1943 anhand ihrer Kunstwerke definierte, bestimmte ihre Dauer auf 500 v. Chr. bis 200 n. Chr. Ihr Anfang wurde nun um ganze 1000 Jahre zurückverlegt – anhand von Pflanzenresten und Gefäßscherben.
Wo immer in der prähistorischen Welt Menschen das Brennen von Tongefäßen entwickelten, begannen sie auch bald die gestalterischen Möglichkeiten des Materials zu entdecken. Vor dem Brennen lässt es sich in verschiedene Formen bringen, durch Ritzen und Stechen dekorieren, bemalen und polieren. So wie es heute Moden gibt, orientierten sich auch die Töpfer der Vergangenheit an kulturellen Vorgaben. Sie folgten Gestaltungsregeln, die sich im Lauf der Zeit veränderten. Keramikgefäße spiegeln also stets ein Wechselspiel aus Tradition und Innovation wider. Das versetzt Archäologen in die Lage, anhand von Gefäßformen und Verzierungsstilen nicht nur zwischen Angehörigen verschiedener Kulturen zu unterscheiden, sondern zudem zeitliche Abfolgen zu erkennen. ...
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