Editorial: Eine »zweite Erde«!?
Im letzten Heft war an dieser Stelle die Rede davon, dass es nun ernst wird mit den Exoplaneten. Damit war gemeint, dass gegenwärtig immer handfestere Anstrengungen unternommen werden, um die fernen Winzlinge neben ihrem alles überstrahlenden Zentralstern abzubilden und damit ihr sauber isoliertes Licht weiterführenden Analysen unterwerfen zu können. Kaum war jener Text erschienen, da rauschte die Nachricht durch alle Medien, eine »zweite Erde« sei gefunden worden, auf der (vermutlich) das Wasser fließt und das Leben sprießt. So weit sind wir allerdings noch nicht: Die nüchternen Fakten stehen auf Seite 20 – 21 in diesem Heft. Aber wir können die große Aufmerksamkeit nur begrüßen, die dieser Nachricht in allen Medien zuteil wurde – zeigt dies doch, wie stark unsere Themen die Phantasie aller Menschen bewegen, und mit welcher Spannung sie die laufenden Ergebnisse der astronomischen Forschung verfolgen. Und wir können uns darüber freuen, dass die bisher unerreichbaren, bezüglich ihrer Masse und ihres Abstands vom Zentralstern erdähnlichen Planeten bereits in Reichweite der verfügbaren Messinstrumente liegen: Wir können sie ab sofort mit guter Aussicht auf Erfolg suchen, um sie anschließend mit allen Mitteln zu analysieren. Dabei wird sich möglicherweise herausstellen, dass erdähnliche Massen und Temperaturen für blühende Landschaften zwar notwendig sind, aber nicht unbedingt ausreichen – alles Weitere ist nach wie vor Spekulation, und auch große, wirklich umwerfende Überraschungen sind keineswegs ausgeschlossen. Unsere Titelgeschichte (Seite 28 – 35) befasst sich mit einem Zusammenstoß, der vor 470 Millionen Jahren draußen im Asteroidengürtel geschah. Zwar war diese Kollision schon seit Längerem bekannt. Aber mit viel Detektivarbeit konnte die Geschichte des dramatischen Ereignisses nun weiter vervollständigt werden. Heute wissen wir: Schon kurz nach der Kollision im Weltraum regnete es Bruchstücke auf die Erde herab, die neulich identifiziert und datiert wurden: Mindestens acht Krater sind damals entstanden. Noch heute stammt etwa ein Drittel der auf die Erde treffenden Steinmeteorite aus dem damaligen Unfall. Und die Flora-Familie der Asteroiden, zu der auch Gaspra gehört, hatte in jener Kollision ihren Ursprung. In diesem Monat vor 80 Jahren entdeckte der Abbé Georges Lemaître die kosmische Expansion – allerdings blieb seine diesbezügliche Veröffentlichung auch bei den Fachleuten weitgehend unbemerkt. Zwei Jahre später wurde die epochale Entdeckung Edwin Hubble zugeschrieben – aufgrund einer Veröffentlichung, in der er die kosmische Expansion nicht einmal erwähnt! In seinem Beitrag auf S. 36 – 44 stellt Harry Nussbaumer diese spannende Geschichte vom Ursprung der modernen Kosmologie klar. Die praktischen Aspekte unserer Wissenschaft, denen wir im Labor oder in der Werkstatt nachgehen, sind fast ebenso vielfältig wie die Phänomene im Weltall, denen unsere Bemühungen gelten. Ein schönes Beispiel für handwerkliche Arbeit im Dienste der Astronomie gibt uns Matthias Krause (S. 68 – 72): Er hat ein Gartenhäuschen zur Sternwarte umgebaut und dabei alle Register seiner hohen Ingenieurskunst gezogen. Nun also: viel Spaß beim Beobachten!
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