Empfehlungen zur Hochschulpolitik
Die Repräsentanzorganisation der deutschen Universitäten und Hochschulen schlägt ein neues Besoldungssystem für Professoren und Maßnahmen zur Qualitätssicherung neuer Studiengänge vor.
Die diesjährige Jahresversammlung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) verdeutlichte erneut, daß sich die einst als Klagemauer und standfestes Bollwerk gegen jede Veränderung verspottete Interessenvertretung der deutschen Hochschulen in den letzten Jahren zu einer Organisation gewandelt hat, die sich ihrer Verantwortung bewußt ist und sich mit sachbezogenen und lösungsorientierten Beiträgen an der Entwicklung der Hochschulpolitik beteiligt.
Die HRK ist ein freiwilliger Zusammenschluß von 258 Universitäten und Hochschulen aller Bundesländer, in denen mehr als 96 Prozent aller Studierenden in Deutschland immatrikuliert sind. Sie ist somit eine Gesamtrepräsentanz der deutschen Hochschulen, aber vor allem eine der wichtigsten Entscheidungsgremien der akademischen Gemeinschaft in Deutschland.
Mit der Wahl des Tagungsortes – Weimar – wurde das Augenmerk auf die Kunst- und Musikhochschulen gerichtet, von deren Mitgliedschaft in der HRK meist keine Notiz genommen wird. Mit der Bauhaus-Universität und der Hochschule für Musik Franz Liszt beherbergt die diesjährige Kulturhauptstadt Europas zwei eher kleine Hochschulen mit zusammen 6000 Studierenden.
Zum Auftakt der Veranstaltung rief der HRK-Präsident Klaus Landfried dazu auf, "ohne Vorurteile über Risiken und Chancen zu sprechen, die eine dem ganzen Menschen verpflichtete Kultur für die Hochschulen und die in ihr Tätigen bieten". Hochschulen als Stätten der Kultur müßten Orte ohne Frage- und Antwortverbote sein.
Damit bezog Landfried sich auch auf die Janusköpfigkeit der Wissenschaft im allgemeinen und die von Weimar im besonderen. Weimar ist schließlich nicht nur eine Stadt bedeutender Dichter und Künstler sowie der Ort, an dem die erste Verfassung einer demokratischen Republik in Deutschland beschlossen wurde, sondern auch eine Stadt, in der die Umtriebe der Nationalsozialisten bereits in den zwanziger Jahren einsetzten, und in deren unmittelbarer Nähe das Konzentrationslager Buchenwald entstand.
Landfried erinnerte an das Verhalten vieler Wissenschaftler in der Zeit des Nationalsozialismus, die meinten, in einem scheinbar rechtsstaatlich funktionierenden Verwaltungsgeflecht unbescholten seriöser Wissenschaft dienen zu können.
Derlei selbstkritische Betrachtungen waren lange Zeit überfällig. Im Falle der HRK hat ihr nun fünfzigjähriges Bestehen zum Innehalten und zur Rückschau beigetragen.
Seitdem Landfrieds Vorgänger, der damalige HRK-Präsident Hans-Uwe Friedrichsen, Anfang der neunziger Jahre eine Wende in der Politik der Rektorenkonferenz einleitete, versteht sich die Interessenvertretung der deutschen Hochschulen nicht mehr als jemand, der dem Zug schimpfend hinterherläuft, sondern der dessen Fahrt wesentlich mitbestimmen möchte. Dementsprechend hat sich die HRK in den letzten Jahren engagiert und konstruktiv an hochschulpolitischen Debatten beteiligt.
Insbesondere im vergangenen Jahr hat sich die HRK mit konkreten Konzepten zu Wort gemeldet. Hervorzuheben sind insbesondere die "Empfehlungen zum Dienst- und Tarif-, Besoldungs- und Vergütungsrecht sowie zur Personalstruktur in den Hochschulen". Darin unterbreitete die HRK Vorschläge zur stärker leistungsorientierten Vergütung des Hochschulpersonals und zu einer Neugestaltung der Qualifizierungswege für künftige Hochschullehrer.
Leiten ließ sich die HRK von dem Gedanken, daß die Hochschulen eine aufgaben- und leistungsorientierte Personalentwicklung flexibel und soweit wie möglich in eigener Verantwortung betreiben müssen, wenn sie ihre Qualität sichern und steigern wollen. Dazu wurde vorausgesetzt, daß den Hochschulen Globalhaushalte zur Verfügung stehen und sie stärker als bisher Gehaltsstrukturen und Leistungsvergütungen selbständig gestalten können.
Konkret sehen die Vorschläge vor, die bisher unterschiedlichen Besoldungsgruppen für Professoren durch ein einheitliches Basisgrundgehalt zu ersetzen, das sich – bei Wegfall der bisherigen Alterszulagen – durch individuelle Leistungs- oder Belastungszulagen erhöhen würde. Diese Pläne sorgten für einigen Wirbel. Deshalb sah sich das HRK-Präsidium im Februar zu einer Klarstellung veranlaßt: Das Basisgrundgehalt bilde lediglich die Untergrenze für das bei einer Berufung jeweils auszuhandelnde individuelle Gehalt.
Für angehende Hochschullehrer hält die HRK keine neuen Vergütungsanreize für erforderlich. Allerdings müßten die Promotionsdauer sowie das Habilitations- und Berufungsalter von derzeit etwa vierzig Jahren deutlich gesenkt werden. Hierzu wird vorgeschlagen, in Analogie zum Emmy-Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft den Qualifikationsweg nach der Promotion neu zu definieren (vergleiche Spektrum der Wissenschaft, September 1998, S. 108): Das in den meisten Fächern übliche Habilitationsverfahren solle abgeschafft und durch eine Qualifizierungsphase ersetzt werden. Nachwuchswissenschaftler könnten sich dann nach Abschluß einer überdurchschnittlichen Promotion und eventuellen weiteren wissenschaftlichen Leistungen auf eine maximal sechs Jahre befristete Professorenstelle bewerben können. Die anschließende unbefristete Anstellung auf eine Professur sollte nur an einer anderen Hochschule erfolgen.
Des weiteren hatte die HRK die Einführung neuer Studiengänge mit den Abschlüssen Bachelor und Master angemahnt. Damit stellte sie verkrustete Strukturen in Frage und ermunterte die Hochschulen, sich der Globalisierung zu stellen, indem sie auch deutschen Absolventen international bekannte und anerkannte Studienabschlüsse anbieten. Zur Sicherung von Mindestqualitäten sollen die neuen Studiengänge unter Anlehnung an Vorbilder im Ausland akkreditiert – das heißt, nach vorheriger Prüfung der Institutionen und des Lehrangebots formell anerkannt – werden. Diese Maßnahmen sollen Transparenz bewirken, Verfahrenssicherheit gewährleisten und dadurch national und international die Mobilität der Studierenden erleichtern und deren Chancen auf dem globalen Arbeitsmarkt verbessern. Die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) hat sich bereits im Dezember letzten Jahres darauf geeinigt, ein Akkreditierungsverfahren zu erproben. Es soll ein länderübergreifender Akkreditierungsrat eingerichtet und dessen Sekretariat bei der HRK angesiedelt werden. n
Aus: Spektrum der Wissenschaft 7 / 1999, Seite 103
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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