Mathematische Unterhaltungen: Das Einmaleins im Kreis
Beim Boulespiel weiß man nie so genau, wie der unregelmäßige Sand die Kugel bremst oder gar ablenkt. Aber angenommen, die Kugel laufe auf einer sorgfältig konstruierten und unveränderlichen Bahn. Dann wären Sie mit etwas Übung in der Lage, sie so zu werfen, dass sie bis auf vielleicht zehn Zentimeter genau an einer vorherbestimmten Stelle zum Stehen kommt. Dafür sorgt der so genannte Zwischenwertsatz aus der Analysis. Die Funktion, welche die Daten des Abwurfs auf die Endposition abbildet, ist nämlich stetig. Ist die Kugel beim ersten Mal zu weit gerollt, werfen Sie im nächsten Anlauf mit etwas weniger Schwung, und sie wird früher stehen bleiben. Nach ein paar Versuchen – mal zu kurz, mal zu weit – können Sie ihr den richtigen Anfangsimpuls geben, im Rahmen der Genauigkeit, die Ihr Fingerspitzengefühl hergibt.
Wenn allerdings die Bahn der Kugel in eine Kreisbahn einmündet, es nur gewisse, voneinander deutlich getrennte Endpositionen gibt und Sie nicht nachvollziehen können, wie viele Runden die Kugel vor dem Stillstand dreht – kurz gesagt, wenn man nicht Boule, sondern Roulette spielt –, dann hilft Ihnen der ganze schöne Zwischenwertsatz nicht. Das Roulettespiel ist eben so gebaut, dass man aus der Endposition nicht erschließen kann, mit welchem Anfangsimpuls die Kugel geworfen wurde, und deshalb keine Möglichkeit hat, aus der Beobachtung des Spielverlaufs zu lernen.
Es gibt ein mathematisches Problem, das sehr ähnlich aufgebaut ist, selbst wenn es mit der Physik des Wurfs einer Kugel nichts zu tun hat: Stellen Sie sich vor, es seien die positiven reellen Zahlen b und c gegeben, wobei man sich b als ziemlich klein und c als ziemlich groß vorstellen muss. Für diese Werte gelte die Gleichung b = cn. Wie groß ist dann n? …
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