Optische Router: Etikettiermaschine für das Internet
Vermittlungsknoten in Netzwerken, die so genannten Router, schalten einlaufende Signale weiter, ob es sich dabei um Sprache, Videos oder Datenpakete handelt. Künftig werden diese Informationsqualitäten nur durch "Aufkleber", fachlich "Labels", unterscheidbar als Datenpakete reisen, wie es bereits im Internet durch das Internet-Protokoll (IP) geregelt wird. Beispielsweise wird eine E-Mail in viele kleine Päckchen zerlegt. Man kann sich ein solches Datenpaket wie einen Briefumschlag vorstellen, auf dessen Vorderseite die Adresse steht (der Kopf, englisch header) und in dessen Innerem die eigentliche Nachricht steckt beziehungsweise die Nutzfracht (englisch payload).
Auf der Reise zwischen Sender und Empfänger durch Glasfasern passieren die Datenpakete diverse Router, die für jedes Paket nach Maßgabe der Verfügbarkeit und Auslastung der abgehenden Datenleitungen entscheiden, auf welchem Weg es weiterreist. Derzeit werden die einlaufenden optischen Daten in elektrische Signale umgewandelt, elektronisch ausgewertet und auf die richtige Spur gebracht.
Sind beispielsweise Glasfaserstrecken überlastet, müssen die Router Umleitungen ausfindig machen und das Netz längerfristig umkonfigurieren; dazu reichen langsamere optische Schalter, wie sie im vorigen Beitrag beschrieben wurden.
Um Päckchen gleichen Ziels schneller zu befördern, bietet sich auf der Protokollebene neben anderen das "All-Optical Label Swapping", kurz AOLS, an. Dieses fügt ein weiteres optisches Adressetikett (englisch label) bei, um Pakete mit gleicher Adresse zu bündeln, so wie ein Postsack Briefe zur nächsten großen Verteilstation sammelt. Und wie Mitarbeiter der Post nur das Schild auf diesem Sack lesen müssen und nicht die Adressen der einzelnen Briefe, wird ein optischer Router nur das kurze Label und nicht den ganzen header nutzen, um die Ausgangsfaser oder –wellenlänge festzulegen, auf der das Paket weiterreisen soll.
Entsprechende rein optische Schaltkreise sind derzeit kaum praxistauglich oder für den Serieneinsatz noch ungeeignet. Um einen optischen Router zu konstruieren, benötigt ein Ingenieur beispielsweise Logikschaltungen, die Etiketten auf einer Licht-kontrolliert-Licht-Basis verarbeiten. Wenn ein Datenpaket einen AOLS-Router der ersten Generation erreicht, wird deshalb eine elektronische Kopie des Labels erzeugt und dann herkömmlich ausgewertet (siehe Grafik). Die optoelektronische Umwandlung des nur etwa 20 Bit großen Adressetiketts geht immerhin deutlich schneller vonstatten als die kompletter Datenpakete.
Neben der Auswahl einer Faser als Übertragungsweg muss ein Router auch die Wellenlänge festlegen, unter Umständen eine Wellenlängenkonversion initiieren, um Schaltkonflikte zu verhindern: Kommen zwei Datenpakete gleicher Farbe aus verschiedenen Fasern gleichzeitig an und sollen auf dieselbe Wellenlänge einer Ausgangsfaser umgeschaltet werden, dann muss eines der Pakete auf eine andere Farbe dieser Faser umgeleitet werden.
Schließlich wäre es wünschenswert, auch das kleine Adresslabel des Datenpakets rein optisch auszuwerten, statt den Umweg über die Elektrik zu gehen. Im Labor gelang es bereits, mit ultraschnellen optischen Logikschaltungen sehr einfache Entscheidungen über die Paketsteuerung zu treffen, sie ließen sich aber noch nicht ausreichend kombinieren, um den Anforderungen einer komplexen Schaltungsvermittlung gerecht zu werden.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 6 / 2001, Seite 88
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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