Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Evolution des Denkens: "Der Mensch besitzt keinen Zauberstab"

Laut dem Biopsychologen Onur Güntürkün verraten uns Tauben, Elstern und Hühner viel über die Evolution der Intelligenz: Die Natur hat sie offenbar auf verschiedenen Wegen hervorgebracht.
Onur Güntürkün

Herr Professor Güntürkün, Sie erforschen seit vielen Jahren die Lernfähigkeit von Vögeln. Haben Sie sich ­jemals vorzustellen versucht, wie es wäre, eine Taube zu sein?

Das würde ich wahnsinnig gerne wissen. Einiges lässt sich durch einen genauen Blick von außen rekonstruieren. Tauben können zum Beispiel mit jedem Auge gleichzeitig nach vorn und zur Seite schauen und haben damit fast einen Rundumblick. Allerdings können sie ihre Umgebung als Gesamtheit nur mit großer Mühe wahrnehmen. Sie sind vielmehr verrückt nach Details – bei uns Menschen ist es eher umgekehrt. Es ist also schwer, sich wirklich vorzustellen, wie es ist, eine Taube zu sein. Zumal wir keine Ahnung haben, wie es sich anfühlt, einfach so über die Landschaft zu fliegen.

Lange Zeit hieß es, der Mensch sei das einzige Wesen, das vorausschauend planen kann. Leben Tauben nur in der Gegenwart?

Ich denke schon, dass Tauben ein Gefühl für ­Zukünftiges haben. Aber es ist nicht so stark ­ausgeprägt, dass wir es problemlos nachweisen können. Bis vor Kurzem glaubten viele Wissenschaftler, Tiere könnten grundsätzlich nicht ­planen. Das ist für zahlreiche Spezies inzwischen widerlegt, aber wie ausgereift der Zukunftsblick jeweils genau ist, weiß niemand. Es dürfte typisch für uns Menschen sein, dass wir in klar strukturierter Art und Weise unsere Zukunft planen. Möglicherweise ist diese Fähigkeit jedoch auch ein Produkt unserer Kultur. Viele indigene Völker tun dies nämlich nicht, obwohl sie kognitiv dazu fähig sind ...

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Klimakonferenz in Trumps Schatten

Am 11. November begann die 29. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP29). Angesichts steigender CO₂-Emissionen und erschöpfter natürlicher Puffer wie Wälder und Ozeane steht die Weltgemeinschaft vor großen Herausforderungen.

Spektrum - Die Woche – Warum bekommen so viele junge Menschen Krebs?

Krebs ist längst kein Altersleiden mehr. Die Zahl der Krebsdiagnosen bei jungen Menschen nimmt seit Jahren zu. Welche Gründe gibt es dafür? Wie weit ist die Forschung? Außerdem in der aktuellen »Woche«: Mit welchen Strategien es die Käfer schafften, so artenreich zu werden.

Spektrum - Die Woche – Die Intelligenz des Lebens

Können Pflanzen, Pilze und Zellen denken? Die Diskussion um »minimal intelligence« fordert uns heraus, das Verständnis von Kognition zu überdenken und unsere Ansätze in vielen Lebensbereichen zu verändern. Lesen Sie mehr zu diesem Thema in der aktuellen Ausgabe »Spektrum - Die Woche«.

  • Quellen und Literaturtipp

Literaturtipp

Jahn, A. (Hg.):Wie das Denken erwachte. Die Evolution des menschlichen Geistes. Schattauer, Stuttgart 2012
Die wichtigsten Artikel aus GuG über das Denken von Mensch und Tier


Quellen

Jarvis, E. D. et al.:Avian Brains and a New Understanding of Vertebrate Brain Evolution. In: Nature Reviews Neuroscience 6, S. 151-159, 2005

Prior, H. et al.:Mirror-Induced Behavior in the Magpie (Pica pica): Evidence of Self-Recognition. In: PLoS Biology 6, e202, 2008

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.