Evolution: Wildwuchs im Stammbaum des Menschen
Von fern hätte man sie wohl für ein menschliches Wesen gehalten: "Lucy", die aufrecht gehende Australopithecinin. 3,2 Millionen Jahre lang hatten Teile ihres Skeletts fossil überdauert, 1974 kamen die Knochen in Äthiopien in der Afar-Region zum Vorschein. Lucy war nur ungefähr einen Meter groß, hatte lange Arme und einen kleinen Kopf, und sie schritt wohl nicht besonders anmutig einher. Doch ihre Art, Australopithecus afarensis, könnte zu der Evolutionslinie der Homininen gehört haben, die zum Menschen führte. Dann würden diese Vormenschen zu den ältesten bisher bekannten unserer Vorfahren mit aufrechtem Gang zählen.
Vor 40 Jahren sicherte allein der zweibeinige Gang der Spezies einen Platz im menschlichen Stammbaum. Für spätere Evolutionsphasen hatten Paläoanthropologen bald darauf erkannt, dass mehrere Entwicklungslinien, also verschiedene Arten von Vor- und Frühmenschen, nebeneinander existierten. Doch die Anfänge stellten sie sich zunächst eher übersichtlich vor, ohne Seitenlinien mit ähnlichen Anpassungen. Nach der allgemeinen Auffassung stammten wir von schimpansenähnlichen Menschenaffen ab, die sich an langen Armen durch die Bäume schwangen und die Fingerknöchel aufsetzten, wenn sie auf dem Boden vierfüßig liefen. Von dort aus hätte sich dann in lediglich einer bestimmten Linie – der unserer Vorfahren – die Anatomie nach und nach umgestaltet und immer mehr an den aufrechten Gang adaptiert. In dieses Schema sortierten die Forscher früher alles ein, was sie an entsprechenden fossilen Zeugnissen fanden. Besonders Lucy schien gut hineinzupassen. Aber auch manche sehr viel ältere, schwerer zu deutende Fossilien versuchte man dort einzugliedern.
Doch dieses gewohnte Bild stimmt nun nicht mehr. ...
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