Astronomie: Falsch gewickelte Galaxie
Während Spiralgalaxien im All rotieren, ziehen sie gewöhnlich ihre Arme hinter sich her. Doch nun haben Ron Buta von der Universität von Alabama in Tuscaloosa und Kollegen erstmals ein Sternsystem entdeckt, das sich andersherum dreht. Über diese Kuriosität berichteten sie kürzlich vor der Amerikanischen Astronomischen Gesellschaft. Die NGC 4622 benannte Galaxie liegt 111 Millionen Lichtjahre entfert im Sternbild Zentaur. Welche Teile davon sich von der Erde entfernen und welche sich ihr nähern, ließ sich schon vor Jahren mit Hilfe des Dopplereffekts feststellen. Erst mit dem Hubble-Weltraumteleskop konnten die Astronomen jedoch auch erkennen, welche Seite näher zur Erde hin liegt, und so auf den Drehsinn der Galaxie schließen. Wegen der leichten Neigung von NGC 4622 gegen die Blickrichtung ist nämlich auch die galaktische Staubscheibe in der inneren Region verkippt, sodass man auf der nahen Seite die zentrale Ausbeulung durch den Staub, bei der entfernteren dagegen den Staub durch die Ausbeulung sieht. Dies verursacht extrem schwache Helligkeitsunterschiede, die erst auf dem Hubble-Bild nachweisbar waren. Der umgekehrte Drehsinn von NGC 4622 rührt vermutlich von der Wechselwirkung mit einer kleineren Galaxie her, die mit der größeren sogar verschmolzen sein könnte.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 4 / 2002, Seite 46
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