Direkt zum Inhalt

Lernen: Das Lernen beflügeln

Beim Spielen versinken Kinder gerne in geheimnisvollen Fantasiewelten. Lange sahen Psychologen darin keinen tieferen Sinn. Doch Fabelwesen und Superhelden helfen Heranwachsenden, die reale Welt besser zu begreifen.
Ein Kind trägt eine Maske und ein rotes Cape. Es sieht aus wie ein Superheld.

In James Matthew Barries klassischem Theaterstück "Peter Pan" stürzen sich die Kinder der Familie Darling in ein Abenteuer mit Peter, einem Lausbuben, der sich weigert, erwachsen zu werden. Im magischen Nimmerland treffen sie auf Feen, kämpfen gegen Piraten und begegnen mystischen Kreaturen. Die Geschichte hat ganze Generationen von Kindern zu fantasievollen Spielen inspiriert. Ihre Botschaft: Wer tief in die Welt der Fantasie eintaucht, bleibt im Herzen ewig jung.

Fast alle Kinder verlieren sich gerne in fiktiven Welten. Warum sie das tun, ist eine Frage, die Wissenschaftler schon seit Jahrzehnten beschäftigt. Anfang des 20. Jahrhunderts gingen Psychologen davon aus, unser Vorstellungsvermögen diene allein unserer eigenen Unterhaltung und berge keinen tieferen Sinn. Kinder müssten ihre Fantasiewelt hinter sich lassen, um zu mündigen Erwachsenen zu werden. Diese Sichtweise hat sich inzwischen grundlegend gewandelt: Kindliche Spiele werden nicht mehr als nutzlos, sondern ganz im Gegenteil als essenziell für die Entwicklung angesehen. Beispielsweise stellen Heranwachsende Ereignisse, die ihnen Angst machen oder sie verwirren, beim freien Spielen nach, um sie besser verstehen und verarbeiten zu können. Verfechter des freien Spielens vertreten heute die Ansicht, es vermöge Kinder glücklicher, kreativer und kontaktfreudiger zu machen.

Im Bildungswesen hingegen schien fantasievolles Spielen bisher wenig hilfreich. Denn jahrzehntelange psychologische Forschung hatte gezeigt, dass wir dann besonders gut lernen, wenn sich die Situation, in der wir Wissen erwerben, und die, in der wir es anwenden, so ähnlich wie möglich sind. Dieser Logik zufolge würden auch Kinder am meisten von erdachten Geschichten profitieren, wenn diese so realistisch wie möglich sind. Für die Annahme spricht eine Untersuchung aus dem Jahr 1989, bei der stationär aufgenommene Kinder, die mit medizinischen Geräten wie Stethoskop, Verbandszeug und Spritzen spielen konnten, während ihres Krankenhausaufenthalts weniger Angst hatten als Kinder, die anderes Spielzeug bekamen. ...

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Wer lebt am Grund des Nordpols?

Die Tiefsee rund um den Nordpol ist einer der am wenigsten erforschten Orte der Erde. Begleiten Sie das Forschungsschiff »Polarstern« auf seiner Expedition und entdecken Sie Artenvielfalt und Auswirkungen des Eisrückgangs auf das Ökosystem. Das alles und noch viel mehr in »Spektrum - Die Woche«!

Gehirn&Geist – Licht - Wie es unser Denken beflügelt

Wenn die dunkle Jahreszeit beginnt, machen wir es uns gern mit Lichterketten und Kerzen gemütlich. Dabei hellt Licht nicht nur die Stimmung auf: Dank seines Einflusses auf die Hirnfunktion kann das Denken profitieren. Daneben berichten wir, wie Einzelkinder wirklich sind, oder wie Blase und Gehirn beim Urinieren zusammenarbeiten und was es mit dem Harndrang auf sich hat. Unser Artikel über Sigmund Freund widmet sich der unrühmlichen Geschichte der Psychologie und Psychotherapie unterm Hakenkreuz. Im Interview gibt die Psychologin Gilda Giebel Einblicke in den Alltag in der Sicherungsverwahrung. Sie behandelte dort als systemische Therapeutin die brutalsten Männer Deutschlands.

Gehirn&Geist – Junge Menschen in der Krise

Die Zahl der psychischen Diagnosen nahm zuletzt besonders unter Kindern und Jugendlichen dramatisch zu. Woran leiden junge Menschen mehr als früher? Welche Rolle spielen Onlinemedien? Oder hat nur das Bewusstsein für seelische Nöte zugenommen? Daneben berichten wir, wie man Menschen, die an Alzheimer erkrankt sind, was oft mit Ängsten und Aggressionen einhergeht, das Leben erleichtern kann. Diese Krankheit geht oft mit Ängsten und Aggressionen einher, Medikamente helfen da kaum. Der Artikel "Wie »denkt« ChatGPT?" erklärt, welche Konzepte aus der Psychologie und Neurowissenschaft Fachleute nutzen, um zu verstehen, wie eine KI zu ihren Ergebnissen kommt. Außerdem berichten wir über die psychischen Folgen rund um das Thema Transplantation. Betroffene erleben mitunter Angst, Befremden und Schuldgefühle. Deshalb ist es wichtig, sich in der Zeit vor und nach der Operation auch um ihr psychisches Wohlergehen zu kümmern.

  • Infos

Quellen

Dore, R. A., Lillard, A. S.:Theory of Mind and Children’s Engagement in Fantasy Worlds. In: Imagination, Cognition and Personality 34, S 230-242, 2015

Ganea, Patricia A. et al. :Do Cavies talk? The Effect of Anthropomorphic Picture Books on Children's Knowledge about Animals. In: Frontiers in Psychology 5, S. 2014

Kate, C. M. et. al.:Learning to learn from Stories: Children's Developing Sensitivity to the Causal Structure of Fictional Worlds. In:Child Development 86, S. 310-318, 2015

Legare, C. H. et. al.:Inconsistency with Prior Knowledge Triggers Children’s Causal Explanatory Reasoning. In: Child Development 81, S. 929-944, 2010

Rae, W. A., et al.:The Psychosocial Impact of Play on hospitalized Children. In: Journal of Pediatric Psychology 14, S. 617-627, 1989

Stahl, A. E., Feigenson, L.:Observing the Unexpected Enhances Infants’ Learning and Exploration. In: Science 348, S. 91-94, 2015

Weisberg, D. S.: How Fictional Worlds Are Created. In: Philosophy Compass 11, S. 462-470, 2016

Weisberg, D. et al.:Shovels and Swords: How Realistic and Fantastical Themes affect Children's Word Learning. In: Cognitive Development 35, S. 1-14, 2015

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.