Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Wissenschaftsgeschichte: Fermi, Pasta, Ulam und die Geburt der experimentellen Mathematik

Auf fast schon wundersame Weise, so entdeckten Enrico Fermi, John Pasta und Stanislaw Ulam im Jahr 1955, kann sich in einem scheinbar chaotischen System wieder Ordnung einstellen. Damals begründeten sie einen auf Computerberechnungen basierenden und heute längst unverzichtbaren Wissenschaftszweig.
Solitonen
Das Jahr 1905 gilt als das annus mirabilis: Damals führte Einstein die Physik auf völlig neue Pfade, als er in kurzer Abfolge seine bahnbrechenden Arbeiten über den photoelektrischen Effekt, die brownsche Bewegung und die spezielle Relativitätstheorie veröffentlichte. Als man sich 2005 weltweit des "Wunderjahrs" erinnerte und den großen Wissenschaftler ehrte, ging indessen ein weiterer wichtiger Jahrestag fast unbemerkt vorüber. 50 Jahre zuvor, im Mai 1955, war auch der technische Bericht LA-1940: "Studies of Nonlinear Problems: I" des Los Alamos Scientific Laboratory in New Mexico erschienen.

Dass diese Untersuchungen ebenfalls eine regelrechte Revolution in der modernen Wissenschaft auslösten, ist bei Weitem keine Übertreibung. Denn sie markieren die Geburtsstunde des nach den Autoren Enrico Fermi, John Pasta und Stanislaw Ulam benannten FPU-Problems. Dieses treibt Forscher bis heute um. In seiner Einleitung zu einer 1965 gedruckten Fassung von LA-1940 schreibt Ulam, Fermi sei von einem fundamentalen Phänomen der statistischen Mechanik fasziniert gewesen, das Physiker den Zeitpfeil nennen. Filmen wir zum Beispiel die Kollision zweier Billardkugeln, sehen wir sie auf einander zurollen, zusammenstoßen und sich dann wieder voneinander entfernen. Jetzt lassen wir den Film rückwärtslaufen. Sind wir überrascht? Keineswegs. Die Kugeln bewegen sich auf eine Weise, die uns völlig natürlich erscheint. Warum auch nicht: Newtons Gesetze – also die Gleichungen, welche die Bahnen der Kugeln bestimmen – gelten in gleicher Weise, auch wenn die Zeit rückwärtsläuft.

Was aber, wenn das Spiel gerade erst beginnt? Zumindest beim Poolbillard sind dann 15 Kugeln akkurat in Form eines gleichseitigen Dreiecks ausgerichtet, bis sie der Aufprall der weißen Kugel in alle Richtungen auseinandertreibt. Filmen wir das entstehende Durcheinander und lassen dann die Sequenz rückwärts ablaufen, fällt die Umkehrung der zeitlichen Reihenfolge sofort auf – selbst wenn die Betrachter noch nie ein Queue in der Hand gehalten haben. Zwar manifestieren sich auch jetzt dieselben Gesetze wie beim Zusammenstoß der beiden Kugeln. Doch das Ensemble findet nie wieder zu seiner anfangs so regelmäßigen Anordnung zurück. Hier ist der Zeitpfeil in Aktion zu sehen. Was aber gibt ihm seine Richtung? ...

Kennen Sie schon …

Spektrum Kompakt – Muster der Natur

Mathematische Muster sind abstrakt und theoretisch? Mitnichten: Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, findet überall in der Natur ihre Spuren - von Vogelfedern über Blütenformeln bis hin zu Luftwirbeln und Basaltsäulen.

Spektrum - Die Woche – Ruhe bitte!

Die neue Ausgabe der Woche ist da! Lesen Sie mehr darüber, wie heilsam Stille ist, warum die Rakete »Ariane 6« einfach nicht fertig wird und was Alleinerziehenden helfen kann, besser durch die Corona-Krise zu kommen.

Spektrum Kompakt – Meins! - Warum weniger manchmal mehr ist

Wer einen Umzug vor sich hat, wird häufiger mal seufzen: Hätte man doch bloß nicht so viele Bücher, sperrige Möbel oder andere Habseligkeiten angesammelt - und beneidet gleichzeitig Menschen, die regelmäßig und konsequent ausmisten.

Schreiben Sie uns!

3 Beiträge anzeigen

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.