Extrasolare Planeten – ein Statusbericht: Ferne Welten
Die Anzahl bekannter Planeten, die sonnenähnliche Sterne in unserer kosmischen Nachbarschaft umrunden, erhöht sich fast jeden Monat. Gegenwärtig sind es 49. Doch trotz des immensen Fortschritts lassen sich mit den bisherigen Messverfahren nur relativ große Planeten entdecken, die ihren Mutterstern auf recht engen Bahnen umkreisen. Deswegen ist die vorläufige Liste dieser Trabanten (siehe Tabelle) sicherlich nicht repräsentativ. Gleichwohl zeichnen sich einige überraschende Befunde ab, die uns zwingen, unsere bisherigen Vorstellungen über die Entstehung und die Vielfalt von Planetensystemen zu revidieren.
Alle extrasolaren Planeten wurden indirekt nachgewiesen, und zwar durch die Unwucht, die sie ihrem Zentralstern aufzwingen. Bewegt sich der Stern dabei etwas in Richtung Erde, erscheinen die Spektrallinien zum blauen Ende des optischen Spektrums verschoben, also zu kürzeren Wellenlängen hin. Umgekehrt zeigen die Linien eine geringe Rotverschiebung, wenn sich der Stern etwas von der Erde entfernt. Aus dieser periodischen Doppler-Verschiebung können die Astronomen die Änderung der Radialgeschwindigkeit errechnen und auf die Bahndaten des Planeten schließen. Weil aber von vornherein nicht bekannt ist, in welcher Ebene sich der Planet bewegt, lässt sich für seine Masse nur eine untere Grenze angeben.
Freilich ist die beobachtete Änderung der Radialgeschwindigkeit winzig. Jupiter zum Beispiel, der größte Planet unseres Sonnensystems, verursacht eine Änderung von 12,5 Metern pro Sekunde im Laufe seiner zwölfjährigen Umlaufperiode. Die Linien im Sonnenspektrum (mit einer Wellenlänge von rund 500 Nanometern) schienen einem fernen Beobachter dadurch um 0,00002 Nanometer verschoben. Die Erde verursacht eine viel kleinere Variation der Radialgeschwindigkeit von nur etwa zehn Zentimetern pro Sekunde – also weit weniger als die Geschwindigkeit eines Fußgängers.
Nach jahrelangen Anstrengungen entdeckten Michel Mayor und Didier Queloz von der Sternwarte Genf 1995 den ersten extrasolaren Planeten mit dieser Methode. Sie wiesen nach, dass ein Objekt von etwa Jupitergröße den Stern 51 Pegasi umkreist, und zwar in dem verblüffend kleinen Abstand von nur 0,05 Astronomischen Einheiten (also dem 0,05-fachen des mittleren Abstandes Sonne–Erde). Kurz darauf fanden Geoffrey W. Marcy und R. Paul Butler – damals an der San Francisco State University – zwei weitere extrasolare Planeten großer Masse. Einer von ihnen umkreist den Stern 70 Virginis auf einer stark elliptischen Bahn – ebenfalls etwas, was man aus unserem Sonnensystem nicht kennt.
Nach Messungen an inzwischen rund 800 Sternen in der Umgebung der Sonne schätzt man, dass etwa jeder zwanzigste sonnenähnliche Stern von einem Riesenplaneten umrundet wird. Manche ähneln dem 51-Pegasi-System, andere dem 70-Virginis-System. Mindestens ein Stern, Ypsilon Andromedae, wird von mehreren Trabanten umrundet.
Weitere Fortschritte in der yxcsstechnik erlaubten es der Forschungsgruppe von Marcy und Butler, auch zwei Planeten von der Größe des Saturn zu entdecken, der nur etwa ein Drittel der Jupitermasse hat. Kurz nach dieser Entdeckungsmeldung im März 2000 konnte das Genfer Astronomenteam den dritten Planeten dieser Gewichtsklasse nachweisen. Diese Befunde lassen vermuten, dass kleinere Planeten generell recht häufig sind. Andererseits gibt es am oberen Ende der Massenskala – an der sich Braune Zwerge von etwa 10- bis 80facher Jupitermasse befinden – offensichtlich weniger Objekte als erwartet. Es könnte also sein, dass Braune Zwerge und Planeten durch verschiedene Prozesse und mit unterschiedlicher Häufigkeit entstehen.
Die mitunter stark elliptischen Umlaufbahnen geben noch Rätsel auf. Weil sich Planeten in einer Scheibe aus Gas und Staub bilden, die den jungen Zentralstern umgibt, sollten sich die Bahnen infolge von Reibungseffekten immer mehr einem Kreis angenähert haben. Warum ist das bei 70 Virginis und anderen Systemen nicht der Fall? Die Antwort könnten uns die Kometen unseres eigenen Sonnensystems liefern. Einige von ihnen werden offenbar durch nahe Vorübergänge an den äußeren Planeten in elliptische Bahnen geschleudert. Ähnliches könnte auch größeren Himmelskörpern widerfahren. Dann wäre unser Sonnensystem mit seinen nahezu kreisförmigen Umlaufbahnen der Planeten eher die Ausnahme als die Regel. In manchen Sternsystemen wie etwa bei 16 Cygni B könnte auch ein zweiter Zentralstern die Störungen der Planetenbahnen verursachen.
Einigen Wissenschaftlern ist eine Besonderheit bei den bisher bekannten Planetensystemen aufgefallen: Ihre Zentralsterne enthalten Elemente, die schwerer sind als Wasserstoff und Helium, in ungewöhnlich hoher Konzentration. Dies könnte darauf hinweisen, dass ein Mindestgehalt an diesen schweren Elementen erforderlich ist, damit sich in der zirkumstellaren Scheibe überhaupt Planeten bilden können. Vielleicht haben sich die Sterne diese Elemente aber auch nachträglich einverleibt, indem sie einige ihrer neu gebildeten Planeten verschlangen.
Zweifelsohne werden die Astronomen noch weitere Überraschungen erleben, je mehr extrasolare Planeten sie entdecken. Über die Doppler-Verschiebung lassen sich gegenwärtig Änderungen der Relativgeschwindigkeit von etwa drei Metern pro Sekunde nachweisen. Planeten von der Größe des Uranus und des Neptuns, die etwa nur fünf Prozent der Jupitermasse haben, ließen sich damit entdecken. Dynamische Vorgänge auf der Oberfläche der Sterne begrenzen womöglich die Nachweisgenauigkeit auf einen Meter pro Sekunde. Um Planeten von Erdgröße zu entdecken, bedarf es also völlig neuer Beobachtungsverfahren.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 1 / 2001, Seite 46
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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