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Zusatzbeitrag: Finessen der Konfokalmikroskope


Das Grundprinzip eines Konfokalmikroskops ist, das eingestrahlte Licht auf einen Punkt des Objekts und das von dort ins Objektiv reflektierte oder – bei Fluoreszenz – emittierte Licht wiederum punktförmig auf eine Detektorlochblende zu fokussieren. Punkt bedeutet hier allerdings nicht, daß es sich um einen gleichmäßig hellen, kreisrunden Fleck handelte, wie eine Schemazeichnung es suggerieren mag; vielmehr hat er die Form eines hochgestellten Ellipsoids und ist, bedingt durch die Wellennatur des Lichts und die daher rührenden Beugungserscheinungen, von schließlich sanduhrförmigen Zonen stark abfallender Lichtintensität umgeben.

Aus quantenmechanischer Sicht zeigt die Intensitätsverteilung die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein Photon an einem Punkt in einem bestimmten Abstand vom Brennpunkt beispielsweise zur Anregung eines Fluoreszenzmoleküls zur Verfügung steht. Diese Wahrscheinlichkeit nimmt rasch vom normierten Wert 1 in der Mitte ab, wenn man sich vom Brennpunkt entfernt. Ein Photon, das an dem bewußten Punkt emittiert wird, besitzt wiederum eine bestimmte Wahrscheinlichkeit, mit der es vom Detektor registriert wird. Ist sowohl die Wahrscheinlichkeit, daß der Punkt beleuchtet wird, als auch die, daß ein Photon von dort detektiert wird, jeweils 0,1, so beträgt die Wahrscheinlichkeit, diesen Punkt nachzuweisen, dann 0,01. Im wesentlichen wird die Verteilung für die Beleuchtung quadriert. Im Endeffekt bedeutet das eine engere räumliche Begrenzung; Licht von außerhalb des Brennpunkts wird unterdrückt.

Bei gleicher Wellenlänge des Lichts und gleicher numerischer Apertur des Objektivs ist die Auflösung in der Horizontalebene 40 Prozent besser als beim konventionellen Mikroskop. Interessanter aber ist die Auflösung in der Vertikalen; die Tiefenbegrenzung des elliptischen Beleuchtungspunktes bestimmt, welche Schichtdicke eines Objekts auf einmal erfaßt wird. Als Maß für das Auflösungsvermögen dient bei Konfokalmikroskopen der Abstand von einem (nun ausdehnungslos gedachten) Punkt im Objekt, in dem die Lichtintensität auf die Hälfte gefallen ist. Zwei solcher Punkte, die mindestens doppelt so weit voneinander entfernt sind, kann man getrennt erkennen. Mit den besten Objektiven lassen sich optische Schnitte mit einer Schichtdicke von weniger als einem halben Mikrometer (tausendstel Millimeter) erzielen. Zum Vergleich: Die Eizelle eines Seeigels ist etwa 100, eine flach auf einem Deckglas kultivierte Bindegewebszelle immerhin noch nahezu 10 Mikrometer dick.


Systeme

Zum Scannen, zum Abrastern also, kann man das Objekt, das Objektiv oder den Beleuchtungsstrahl bewegen. Objekt- und Objektivscanner sind aber relativ langsam, da bei höheren Geschwindigkeiten nicht präzise genug. Deswegen haben sich Strahlscanner auf dem Markt durchgesetzt. Wenn sie mehr als einen Punkt gleichzeitig abtasten wie die im vorherigen Beitrag erwähnten Scheiben- und Spaltscanner, erhöht sich die Aufnahmegeschwindigkeit auf etwa 30 Bilder pro Sekunde (die für Standard-Video gängige Frequenz) – allerdings zu Lasten der Bildqualität. Es wird nämlich immer auch ein kleiner Teil des Lichts aus benachbarten unscharfen Bereichen detektiert, der bei Ein-Loch-Scannern ausgeblendet ist. Spaltscanner haben zudem geometriebedingt ein asymmetrisches Auflösungsvermögen. Bei Scheibenscannern wiederum ist die Beleuchtungsdichte pro Punkt geringer und damit auch im Falle von Fluoreszenzaufnahmen die Ausbeute an emittiertem Licht. Analog einem Photoapparat muß man darum quasi länger belichten, damit ein hinreichend starkes Signal erfaßt wird – und das bedeutet eine geringere Bildrate pro Sekunde. Durch stärkere Laser als Lichtquelle läßt sich zwar die Beleuchtungsintensität im Prinzip erhöhen, aber nur bis zu einem gewissen Grade; wenn der Fluoreszenzfarbstoff bereits bis zur Sättigung angeregt ist, kann die Ausbeute nicht mehr gesteigert werden. Bei der Fluoreszenzdetektion ist deshalb die Aufnahmerate oft auf wenige Bilder pro Sekunde begrenzt.

Im typischen Fall hat man beim Konfokalmikroskop ein variables Bildraster mit maximal 1024 mal 1024 Punkten; für jeden Bildpunkt sind 256 Grau-, also Helligkeitsstufen vorgesehen. Je nach Dicke des Objekts werden bis zu einige hundert Schnitte aufgenommen. Weil die kompletten digitalisierten Datensätze einige Megabyte umfassen, muß der Systemcomputer über entsprechend Speicherplatz verfügen. Die Möglichkeiten der Konfokalmikroskopie waren deshalb historisch eng an die Entwicklung leistungsfähiger Computer geknüpft.

Ein konfokales Laser-Rastermikroskop der Spitzenklasse für biologisch-medizinische und materialwissenschaftliche Untersuchungen gliedert sich in mehrere Einheiten, die seinen Einsatz sehr flexibel gestalten.

Dient als Lichtquelle beispielsweise ein Argon-Krypton-Mischgaslaser, kann man verschiedene Wellenlängen zur Anregung unterschiedlicher Fluoreszenzfarbstoffe benutzen. Ein solcher Farbstoff wird allerdings nicht nur von Strahlung genau einer Frequenz, sondern in einer gewissen Bandbreite zur Emission angeregt; und das Licht, das er wieder ausstrahlt, ist langwelliger als das eingestrahlte. Bei Verwendung von mehreren Farbstoffen in einem Präparat muß man deswegen darauf achten, daß sich die entsprechenden Anregungs- und Fluoreszenzbanden möglichst nicht überlappen. Manche Moleküle von Zellen können übrigens auch selbst fluoreszieren, wenn man sie mit der richtige Wellenlänge bestrahlt.

Bei drei oder mehr unterschiedlichen Markierungen sind leistungsstarke farbkorrigierte Objektive erforderlich, damit sich bei einem Wechsel der Anregungswellenlängen nicht der Beleuchtungsfleck verschiebt. Kurzwelliges Licht (beispielsweise blaues) wird nämlich stärker gebrochen und gebeugt als langwelliges (rotes), so daß ohne eine Farbkorrektur der blaue gegenüber dem roten Fokus versetzt wäre und das dann emittierte Fluoreszenzlicht von unterschiedlichen Stellen des Objekts käme.


Anwendungsbeispiele

Durch geeignete Auswahl der Laser-Wellenlängen, der Farbstoffe und der Detektionsfilter kann man die verschiedenen selektiv markierten Strukturen eines Objekts alle gleichzeitig zur Fluoreszenz anregen und die verschiedenen emittierten Wellenlängen simultan erfassen. Das erlaubt eine exakte räumliche Zuordnung der Strukturen.

Angewendet werden solche Systeme beispielsweise bei der sogenannten Multicolor-FISH-Technik, der Mehrfarben-Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung an der Erbsubstanz einer Zelle. Man läßt dazu verschieden markierte DNA-Sonden sich mit den passenden Gegenstücken auf der Erbsubstanz vereinigen; ihre Fluoreszenz macht die Lokalisation dieser Abschnitte und eventuelle Veränderungen auf den Chromosomen sichtbar. Das Verfahren ist inzwischen so verfeinert, daß sich selbst einzelne Gene darstellen lassen. Man kann auf diese Weise auch gezielt ganze Chromosomen anfärben und vergleichen (Bild 1).

Solche FISH-Züge sind für eine Vielzahl von Fragen in der molekulargenetischen Grundlagenforschung nützlich. Die Methode erleichtert es etwa, die Ursachen genetisch bedingter Erkrankungen zu ergründen. Bereits eingesetzt wird sie zur chromosomalen Diagno-stik, zur Prognose des Krankheitsverlaufs und zur Therapieüberwachung bei Krebs. An ihrer Entwicklung waren Peter Lichter vom Deutschen Krebsforschungszentrum und die Arbeitsgruppe um Thomas Cremer am Institut für Humangenetik und Anthropologie in Heidelberg maßgeblich beteiligt.

Chromosomen in ihrer typischen kompakten Gestalt sind lichtmikroskopisch nur in der Teilungsphase einer Zelle sichtbar. In den Zeiten dazwischen, wenn die Zelle ihre übliche Arbeit leistet und dazu immens viele Gene ablesen muß, sind sie im Kern zu einem – wie man annimmt – Gewirr von DNA-Fäden aufgelockert, etwa wie Spaghetti in einer Schüssel. Das Heidelberger Team hat nun mit der Multicolor-FISH-Technik und der konfokalen Mikroskopie Gestalt und räumliche Lage einzelner Chromosomen in einem solchen Arbeitskern analysiert.

Um die Signale zu segmentieren und den dreidimensional rekonstruierten Zellkern darzustellen, hat Roland Eils am Institut für wissenschaftliches Rechnen der Universität Heidelberg geeignete bildverarbeitende Verfahren und Visualisierungstechniken eingesetzt und eigens weiterentwickelt. Überraschenderweise zeigte sich, daß die DNA eines Chromosoms sich in dieser Phase keineswegs als wirrer Faden quer durch den Kern erstreckt, sondern auf gewisse Bereiche beschränkt bleibt (Bild 2).

Statt emittierten Lichts kann man auch reflektiertes im Konfokalmikroskop für dreidimensionale Analysen nutzen. Das Verfahren wird zunehmend in der materialwissenschaftlichen Forschung genutzt. Besonders vorteilhaft ist es bei industriellen Anwendungen, weil sich auf diese Weise Rauhigkeiten, Mikrohärteeindrücke, Schichtdicken und andere Strukturparameter rasch, berührungslos und vor allem zerstörungsfrei vermessen lassen (Bild 5 im vorherigen Beitrag). Solche Konfokalsysteme sind besonders ideal zur Kontrolle der laufenden Fertigung.

Auch im biologisch-medizinischen Bereich hat sich das Reflexionsverfahren als hilfreich erwiesen und beispielsweise der Golgi-Färbung – einer Imprägnierung von Nervenzellen mit Silber – buchstäblich eine neue Dimension eröffnet: Weil die Silberpartikel hervorragend Licht reflektieren, läßt sich die Struktur des zellulären Netzwerks räumlich erfassen (Bild 3 im vorherigen Beitrag).

Im Reflexionsverfahren ist es ferner möglich, ungefärbte Zellstrukturen zu erkennen, die dicht genug an eine opti-sche Grenzfläche herankommen. Genutzt wird dies beispielsweise für Zellen, die man experimentell auf einem Deckglas hat wachsen lassen. An den Kontaktstellen zum Glas treten Entspiegelungseffekte auf. So lassen sich unter anderem die Haftstellen der Zellmembran und die Umrisse des Zellkerns sehr leicht darstellen – und in Kombination mit geeigneten Fluoreszenzmarkierungen auch die räumlichen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Strukturkomponenten (Bild 3) aufzeigen.

Bietet das Gerät außer der Serie konfokaler Detektoren zudem einen für Durchlicht, ist schließlich eine Kombination mit allen üblichen lichtmikroskopischen Kontrastierverfahren wie Absorptions-, Phasen- und differentieller Interferenzkontrast möglich (Bild 1).


Aus: Spektrum der Wissenschaft 10 / 1994, Seite 85
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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