Fluoreszenzmikroskopie: Die letzte Grenze
»Danger – Laser on!«, warnt ein leuchtendes Schild. Daneben steigt Jessica Matthias in eine schwarze Tonne, die an eine Litfaßsäule erinnert. Die Säule dreht sich, und als die Öffnung wieder sichtbar wird, ist die Forscherin verschwunden. Ein beherzter Schritt hinein, eine halbe Umdrehung, und man tritt auf der anderen Seite in einen schummrig rot beleuchteten Raum. Alle Fenster sind mit schwarzer Folie abgeklebt. Ein langer optischer Tisch steht auf schwingungsgedämpften Füßen, darauf eine weiträumige, mit dunklen Planen abgedeckte Apparatur. Neben dem Tisch thront ein großes Mikroskop, rechts davon steht ein Schreibtisch mit mehreren Bildschirmen. Hier, im Untergeschoss des Max-Planck-Instituts für medizinische Forschung in Heidelberg, vermisst das Team um den Physiker Stefan Hell gerade nanometergenau die Bewegungen einzelner Moleküle – in Echtzeit.
Jessica Matthias, Postdoc der biophysikalischen Chemie in Hells Forschungsgruppe, zeigt auf das Gerät unter der schwarzen Plane. »Mit diesem Aufbau haben wir das Kinesin gemessen«, sagt sie leise. Wir dürfen nicht zu laut sein, da sogar Sprechen die laufende Messung stören kann. Deswegen ist die Apparatur auch nach hier unten verbannt, denn dort sind die Erschütterungen, die von außen ankommen, am geringsten. Kinesin-1 ist ein winziger zellulärer Transporter. Er bringt Bausteine für Proteine und weitere Fracht innerhalb einer Zelle von einem Ort zum anderen, indem er an kleinen Röhren entlangläuft, den so genannten Mikrotubuli. Im Prinzip kann man sich das Motorprotein wie zwei ineinander verdrillte Schnüre vorstellen, an deren Ende sich zwei klobige Fortsätze befinden. Die beiden Ausstülpungen setzt das Protein abwechselnd voreinander und »läuft« so auf den Mikrotubuli. Tatsächlich erinnern sie damit an Füße, werden in der Biologie aber als Köpfe bezeichnet.
Die Doktoranden Lukas Scheiderer und Jan Otto Wolff aus Hells Team haben jeden dieser Schritte minutiös beobachtet: mit einer Genauigkeit von 1,7 Nanometern (ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter) und mit einer zeitlichen Auflösung von weniger als einer Millisekunde. Um das zu ermöglichen, hat Nobelpreisträger Hell vor Kurzem zwei Ideen kombiniert, die jede für sich bereits eine Revolution der Mikroskopie darstellten …
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