Supraleitung: Vorstoß zur Raumtemperatur
Der Experimentalphysiker Maddury Somayazulu – von seinen Kollegen kurz Zulu genannt – konnte nur darauf hoffen, dass »nah dran« gut genug ist. Im Juni 2017 beugten sich er und sein Postdoc Zack Geballe am Argonne National Laboratory im US-Bundestaat Illinois in einem mit Gerätschaften vollgestopftem Raum über ein zylindrisches Gerät: eine Diamantstempelzelle. Darin befand sich ein staubkorngroßes Stück des zu den seltenen Erden gehörenden Metalls Lanthan sowie ein wenig Wasserstoff. Theoretiker hatten vorhergesagt, dass daraus unter enormem Druck eine neuartige Substanz entstehen könnte. Der dafür nötige Wert entspricht dem von 2,1 Millionen Atmosphären oder der Hälfte des Drucks im Zentrum der Erde und lag – und das war das Entscheidende an jenem Tag – nahe am Kapazitätslimit der Diamantstempelzelle. In dieser pressen zwei kleine Diamanten als eines der härtesten Materialien überhaupt den Inhalt zusammen. Sobald die beiden Wissenschaftler die Einstellschrauben der Zelle auf 1,7 Millionen Atmosphären drehten, spürten sie, wie diese sich festzogen. Die Diamanten waren durch den hohen Druck bereits verformt und könnten jederzeit brechen. »Wir dürfen nicht höher gehen«, entschied Somayazulu. »Lass uns hier synthetisieren und sehen, was passiert.«
Für ihr weiteres Vorgehen hatten die Wissenschaftler die Diamantstempelzelle mit Hightech-Geschützen umgeben: Zwei lange Röhren durchleuchteten die Probe mit Röntgenstrahlen, und eine Ansammlung von Linsen und Spiegeln beschoss sie mit Laserlicht. Dieses sollte eine theoretisch vorhergesagte Reaktion von Lanthan und Wasserstoff in Gang setzen. Abgeschirmt außerhalb des Raums beobachteten die Physiker auf einem Computermonitor eine grafische Darstellung der mikroskopischen Struktur, erzeugt mit Hilfe der Röntgenstrahlen. Die Kurve nahm rasch die erhoffte Form an: Die Forscher hatten erfolgreich …
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