Kosmologie: Inflationsmodell in der Kritik
Am 21. März 2013 präsentierte die Europäische Weltraumorganisation in einer internationalen Pressekonferenz die neuesten Resultate des Planck-Weltraumteleskops. Der Satellit hatte mit bislang unerreichter Detailgenauigkeit die unmittelbar nach dem Urknall vor mehr als 13 Milliarden Jahren ausgesandte kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung vermessen. Wie die Veranstalter den Journalisten mitteilten, erhärten die neuen Daten eine Theorie, die den Kosmologen seit drei Jahrzehnten lieb und teuer ist. Ihr zufolge gab es direkt nach dem Urknall eine kurze Phase extrem beschleunigter Expansion, die so genannte kosmische Inflation. Die plötzliche Aufblähung bügelte quasi das Universum so gründlich aus, dass der Weltraum noch Milliarden Jahre später überall und in jeder Richtung nahezu gleichförmig ist – und obendrein "flach", das heißt nicht im Großen gekrümmt wie die Oberfläche einer vierdimensionalen Kugel oder eine Sattelfläche. Auf dieser eintönigen Bühne treten nur winzige Unterschiede in der Konzentration der Materie auf; sie stellen die bekannte Hierarchie von Sternen, Galaxien und Galaxienhaufen dar.
Die Kernaussage der Pressekonferenz war: Die Planck-Daten passen perfekt zu den einfachsten Inflationsmodellen. Das verstärkte den Eindruck, die Theorie sei fest etabliert und weitere kosmologische Debatten würden sich erübrigen. Wir drei diskutierten diese Aussage am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge (Massachusetts). Ijjas war damals eine deutsche Gaststudentin. Steinhardt verbrachte gerade ein Sabbatjahr an der Harvard University; er hatte das Inflationsmodell in den 1980er Jahren mitbegründet, äußerte aber später ernste Zweifel an seiner theoretischen Basis. Loeb war als Leiter der Astronomieabteilung der Harvard University unser Gastgeber. Übereinstimmend lobten wir die ungemein präzisen Beobachtungen des Planck-Teams, ohne jedoch die Interpretation der Ergebnisse zu teilen. Nach unserer Überzeugung sprechen die Daten eher gegen die einfachen Inflationsmodelle und verschärfen die hartnäckigen Probleme der Theorie. Es gibt gute Gründe, konkurrierende Ideen über Ursprung und Entwicklung des Universums in Betracht zu ziehen ...
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