Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Gedächtnis: Der Stoff, aus dem Erinnerungen sind

Manche Erlebnisse sind unvergesslich, sie brennen sich geradezu in das Gehirn ein. Doch wie geschieht das? Der erste Teil der neuen "Gehirn&Geist"-Serie "Gedächtnisforschung" geht den zellulären Mechanismen auf den Grund.
Ein Frau, über der ein verschwommener und blauer Filter liegt, fasst sich ins Gesicht.

Wie kann sich etwas Immaterielles wie eine Idee oder etwas Gelerntes in unseren Köpfen derart verfangen, dass wir es noch Jahre später abrufen können? Auf welcher materiellen Basis stehen unsere Erinnerungen organisch? Und wie also können Geist und Materie – wenn es denn getrennte Entitäten sind – interagieren? Die Frage ist weder neu – sie wurde bereits von griechischen Philosophen aufgeworfen – noch besonders originell. Und trotzdem lässt sie sich nach wie vor nicht beantworten. Leider. Aber wir werden versuchen zu ergründen, was die zellulären Gründe dafür sind, warum bestimmte Erinnerungen so flüchtig sind, warum wir uns manchmal nur schwer erinnern können und manches erinnert wird, obwohl es nie stattgefunden hat. Alles Erfahrungen, die auch Sie sicher schon mit Ihrem Gedächtnis gemacht haben.

Schauen wir uns zunächst an, wie Nervensysteme ­Informationen speichern. Versuchen Sie zum Beispiel, sich Ihren letzten Urlaub in Erinnerung zu rufen. Dieses Bemühen um eine Rekonstruktion Ihrer damaligen Erlebnisse erfordert sowohl den Abruf von Fakten (Wann und wo war ich? Wie sind wir dort hingekommen? Wie war das Hotel / das Ferienhaus / der Campingplatz?) als auch von autobiografischen Erlebnissen (Was haben wir unternommen? Was habe ich erlebt? War es entspannend, ereignisreich, lehrreich?). Ein Teil dieser Informationen wird in den motorischen, sensorischen und emotionalen Zentren des Gehirns gespeichert, die auch bei der ursprünglichen Kodierung der Information beteiligt waren. Die Informationen werden assoziativ in neuronalen Schaltkreisen abgelegt, indem sich die Struktur und die Funktion der Kontaktstellen (Synapsen) zwischen Neuronen verändern – egal in welchem Gedächtnissystem. Beim impliziten Langzeitgedächtnis werden die Informationen neuronal in Netzwerken abgelegt, die auch an der Wahrnehmung und Ausführung der entsprechenden Handlung beteiligt ­waren, also in den motorischen und sensorischen ­Arealen. Dies geschieht jeweils in Zusammenarbeit mit den Basalganglien. Hier werden nun – an den Lern­orten selbst – die Synapsen zur Gedächtnisbildung verstärkt, abgeschwächt oder neu gebildet beziehungsweise ab­gebaut ...

Kennen Sie schon …

Gehirn&Geist – Wer entscheidet? Wie das Gehirn unseren freien Willen beeinflusst

Was bedeutet es, ein Bewusstsein zu haben? Haben wir einen freien Willen? Diese Fragen beschäftigen Neurowissenschaft, Philosophie und Theologie gleichermaßen. Der erste Artikel zum Titelthema zeichnet die Entwicklung der neurowissenschaftlichen Forschung nach und zeigt, wie das Gehirn das subjektive Erleben formt. Anschließend geht es im Interview mit dem Neurophilosophen Michael Pauen um die Frage, ob wir frei und selbstbestimmt handeln oder nur Marionetten unseres Gehirns sind. Die Antwort hat Konsequenzen für unser Selbstbild, die Rechtsprechung und unseren Umgang mit KI. Daneben berichten wir, wie virtuelle Szenarien die traditionelle Psychotherapie erfolgreich ergänzen und vor allem Angststörungen und Posttraumatische Belastungsstörungen lindern können. Ein weiterer Artikel beleuchtet neue Therapieansätze bei Suchterkrankungen, die die Traumata, die viele Suchterkrankte in ihrer Kindheit und Jugend erfahren haben, berücksichtigen. Zudem beschäftigen wir uns mit der Theorienkrise in der Psychologie: Der Risikoforscher Gerd Gigerenzer erklärt, warum die Psychologie dringend wieder lernen muss, ihre Theorien zu präzisieren.

Spektrum Kompakt – Gedächtnis

»Es liegt mir auf der Zunge« – dieses Gefühl kennt wohl jeder. Manches bleibt nie im Gedächtnis hängen, anderes über Jahre hinweg. Erinnern und Vergessen sind komplexe Prozesse, die noch nicht vollständig verstanden sind und von digitalen Helfern, aber auch durch Schlaf beeinflusst werden.

Spektrum - Die Woche – Neue Strompreisregelung in Deutschland?

Der Stromausfall in Spanien und Portugal zeigt, wie wichtig ein stabiles Netz ist. In der aktuellen Ausgabe von »Spektrum - Die Woche« informieren wir über die mögliche neue Strompreisregelung in Deutschland. Was bedeutet sie und wer profitiert?

  • Literaturtipp

Korte, M.: Wir sind Gedächtnis: Wie unsere Erinnerungen bestimmen, wer wir sind. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2017

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.