Geologie: Gesteine, fast so alt wie die Erde?
Der Nuvvuagittuq-Grünsteingürtel wirkt äußerlich nicht wie ein Schlachtfeld. Friedlich und abgeschieden liegt er inmitten einer unzugänglichen Region am Nordostrand der Hudson Bay in Kanada. Gute 30 Kilometer trennen ihn von Inukjuaq, der nächstgelegenen Siedlung. Abseits der Küste geht das offene Gelände in eine wellige Landschaft über, in der manche Hügel von Flechten überzogen, andere von eiszeitlichen Gletschern blank geschliffen sind. Die nackten Felsen wirken malerisch mit ihrem komplizierten Gefüge, das durch Streckung und Faltung geprägt ist. Einige sind grau bis schwarz und von hellen Adern durchzogen, andere blassrosa und mit dunkelroten Granaten gesprenkelt. Normalerweise verschlägt es außer Karibus und Stechmücken kein lebendes Wesen hierher.
Und doch ist diese verschlafene Gegend der Schauplatz einer erbitterten wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Fast ein Jahrzehnt lang reisten rivalisierende Geologengruppen nach Inukjuaq, um dort Kanus mit Campingausrüstung und Laborgeräten zu beladen und entlang der Küste der Hudson Bay zu dem Gesteinsgürtel zu paddeln. Ihre Absicht war, das Alter der Felsen zu ermitteln. Eines dieser Teams unter der Leitung von Stephen J. Mojzsis von der University of Colorado in Boulder datiert sie auf 3,8 Milliarden Jahre. Das ist recht alt, aber nicht rekordverdächtig.
Jonathan O’Neil an der Spitze der konkurrierenden Forschergruppe von der University of Ottawa (Kanada) schreibt den Felsen hingegen ein Alter von 4,4 Milliarden Jahren zu. Damit wären sie die weitaus ältesten Gesteine, die je auf der Erde gefunden wurden. Sie hätten sich bereits rund 150 Millionen Jahre nach der Entstehung unseres Planeten vor 4,568 Milliarden Jahren gebildet und könnten davon erzählen, wie sich die Erdoberfläche in dieser frühen, turbulenten Epoche entwickelte und wie lange es dauerte, bis Leben entstand. All das lag bislang außerhalb der Reichweite jeglicher Forschung. ...
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