Religionsgeschichte: Gottes Stellvertreter
Unbeweglich wie ein Fels und doch stets wandelbar: Das Papsttum ist die erstaunlichste Institution der Weltgeschichte. Nicht nur wegen seiner Langlebigkeit, sondern auch wegen seiner Doppelnatur zwischen Himmel und Erde. Der Papst ist das geistliche Oberhaupt einer Weltreligion und zugleich weltlicher Souverän, der an internationalen Konferenzen teilnimmt und Verträge schließt.
Neuzeithistoriker und Vatikan-Experte Volker Reinhardt stellt diese "Holding", die in den zwei Jahrtausenden ihres Daseins alle Epochen überdauert hat, in seinem mehr als 900 Seiten starken Werk umfassend dar. Die von den Päpsten geführte katholische Kirche entstand in der Antike, dominierte das Mittelalter und ist bis heute eine mächtige Institution geblieben, weil sich die "Stellvertreter Gottes auf Erden" durch Unterdrückung, Beharren und Veränderung der diesseitigen Welt zu stellen wussten. So erkannte ausgerechnet Innozenz III. (1160–1216), der den päpstlichen Weltherrschaftsanspruch auf die Spitze trieb, die Franziskaner als Ordensgemeinschaft an – und vereinnahmte so die geistliche Strömung eines gottgefälligen Lebens in Armut für die Kirche. Der gewaltsame Kampf gegen Abweichler (Häretiker) hingegen fand einen seiner traurigen Höhepunkte in der Verfolgung der Katharer, die erbarmungslos abgeschlachtet wurden.
Dem Autor ist ein Buch gelungen, das sich trotz seines gewaltigen Umfangs höchst spannend und gut verständlich präsentiert und dem viele Leser zu wünschen sind.
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