Psychotherapie: Geteiltes Leid
Gruppenpsychotherapien haben eine lange Tradition, aber immer noch nicht den besten Ruf. Fragt man Menschen mit psychischen Problemen, ob sie lieber allein oder mit anderen zusammen behandelt werden wollen, entscheiden sich die meisten für eine Einzeltherapie. Viele glauben, dass sie eher genesen, wenn sie den Therapeuten nicht mit weiteren Patienten teilen müssen. Einige Vorbehalte kommen vermutlich auch daher, dass wir im Lauf unseres Lebens mitunter unangenehme Erfahrungen mit Gruppen machen. Ausgrenzung, Mobbing und das Gefühl, sich anpassen zu müssen, sind oft allzu gegenwärtig. Diese Skepsis ist jedoch nach allem, was wir heute wissen, unbegründet: Patienten, die sich auf eine Gruppenpsychotherapie einlassen, sind anschließend mit der Behandlung genauso zufrieden wie solche, die eine Einzelpsychotherapie absolvieren.
Gruppen wurden schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts therapeutisch genutzt. Als Pionier gilt Joseph Pratt (1910-1979), der Tuberkulosekranke aus niedrigen sozialen Schichten über ihre Krankheit aufklärte: eine Frühform der psychoedukativen Gruppenarbeit. Die Idee dazu entwickelte sich in verschiedenen psychotherapeutischen Schulen. Im Gegensatz zu Sigmund Freud erkannten viele Psychoanalytiker das Potenzial der Gemeinschaft und brachten die so genannte Gruppenanalyse auf den Weg.
Wesentliche Grundlagen der gruppenanalytischen Theorie schuf der deutsche Emigrant Sigmund H. Foulkes (1898-1976) während des Zweiten Weltkriegs im Militärhospital im britischen Northfield. Parallel entwickelten sich Gruppenansätze in den humanistischen Therapieverfahren, allen voran im Psychodrama, dessen Begründer Jakob Levy Moreno (1889-1974) den Begriff Gruppenpsychotherapie wohl erstmals verwendete. In der Verhaltenstherapie kam die Idee deutlich später auf, wird heute aber auch sehr breit angewandt ...
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