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MEDIZIN: Heilen mit dem vierten Aggregatzustand

Physikalisches Plasma bewährt sich bereits im klinischen Alltag: Es desinfiziert Wunden und lindert Entzündungen. Mediziner haben weitere Einsatzfelder im Blick, etwa Krebstherapien.
Plasmatherapie

Seit etwa 15 Jahren ist eine neue Disziplin im Entstehen begriffen: die Plasmamedizin. Der Begriff hat nichts mit Blutplasma zu tun, wie viele annehmen. Statt­dessen bezieht er sich auf physikalisches Plasma – ein Gemisch aus meist ionisierten, also geladenen Atomen, Molekülen sowie aus Elektronen, das sich üblicherweise wie ein Gas verhält. Physiker bezeichnen es oft als "vierten Aggregatzustand". Dieser lässt sich beispielsweise erzeugen, indem man Gasen über starke elektrische Felder Energie zuführt. Dabei verlieren viele Gasteilchen Elektronen ihrer äußeren Atomhülle – sie werden teilweise oder vollständig ionisiert. Das entstehende Medium ist elektrisch leitfähig.

Da Plasmen energetisch angeregt sind, enthalten sie viele reaktionsfreudige Teilchen sowohl elektrisch geladener als auch neutraler Art und senden elektromagnetische Strahlung aus, vor allem UV- und sichtbares Licht. Dies macht Plasmen zu geeigneten Mitteln, um Licht zu erzeugen, Oberflächen zu verändern oder Energien umzuwandeln, zum Beispiel in experimentellen Kernfusionsanlagen. Meist weisen sie sehr hohe Temperaturen auf.

Etwa seit Mitte der 1990er Jahre gelingt es auch, so genannte kalte Atmosphärendruckplasmen (cold atmospheric plasmas, CAP) zu erzeugen. Das sind Teilchengemische mit Drücken, die jenem an der Erdoberfläche entsprechen, und mit biologisch verträglichen Temperaturen unterhalb von 40 Grad Celsius. Sie eröffnen völlig neue Anwendungsfelder in der Medizin. ...

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Nach dem zweiten Weltkrieg vereinte das CERN Forscherinnen und Forscher aus vielen Ländern, um die Geheimnisse der Teilchenphysik zu ergründen. Seine Erfolge lassen sich in Nobelpreisen und Entdeckungen wie dem Higgs-Boson verzeichnen, jedoch auch in einer beeindruckenden Forschungskultur.

Spektrum der Wissenschaft – Vorstoß zur Sonne

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  • Quellen und Literaturtipps

Metelmann, H.-R. et al.:Head and Neck Cancer Treatment and Physical Plasma. In: Clinical Plasma Medicine 3, S. 17 – 23, 2015

Partecke, L. I. et al.:Tissue Tolerable Plasma (TTP) Induces Apoptosis in Pancreatic Cancer Cells in Vitro and in Vivo. In: BMC Cancer 12, S. 473, 2012

Schmidt, A. et al.:Non-Thermal Plasma Activates Human Keratinocytes by Stimulation of Antioxidant and Phase II Pathways. In: The Journal of Biological Chemistry 290, S. 6731 – 6750, 2015

Tanaka, H. et al.:Plasma with High Electron Density and Plasma-Activated Medium for Cancer Treatment. In: Clinical Plasma Medicine 3, S. 72 – 76, 2015

von Woedtke, T. et al.:Plasmas for Medicine. In: Physics Reports 530, S. 291 – 320, 2013

Metelmann, H.-R. et al.: Indikationen und Behandlungstechniken. In: Metelmann, H.-R., Hammes, S. (Hg.): Lasermedizin in der Ästhetischen Chirurgie. Springer Medizin, Berlin und Heidelberg 2015

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