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Hinter den Schlagzeilen: Fouls, Pfiffe und Fehlentscheidungen

Schiedsrichter müssen stets auf Ballhöhe sein - körperlich wie mental. Bei ihren blitzschnellen Entscheidungen unterliegen sie allerdings vielen Einflüssen, die ihre Urteile verzerren. Spezielle Trainings sollen helfen.
Protestresistent

An der Fifa-Fußballweltmeisterschaft, die am 12. Juni in Brasilien beginnt, nehmen nur die Besten der Besten teil: Spieler, Trainer – und Schiedsrichter. Die WM-­Referees sind ebenso Spitzenathleten wie die be­teiligten Nationalkicker und zeigen nicht weniger beeindruckende Leistungen. Sie rennen auf dem Platz im Schnitt genauso viel wie die Spieler, und sie sollen zudem blitzschnell und immer richtig entscheiden – buchstäblich aus vollem Lauf. Dennoch werden Schiedsrichter so gut wie nie gefeiert, sondern im Gegenteil oft heftig gescholten.

Das spiegelte sich lange in der psychologischen Forschung wider. Die meisten Studien versuchten, die Fehlurteile von Schiedsrichtern syste­matisch zu sichten und deren Ursachen zu ergründen. In den letzten Jahren jedoch beschrieben immer mehr Sportpsychologen auch die besonderen "Exzellenzmerkmale" von Schiedsrichtern und entwickelten entsprechen­de Trainingsprogramme.

Gemäß einem einflussreichen Forschungs­ansatz, den der Psychologe und Nobelpreisträger Daniel Kahneman und sein Kollege Amos Tvers­ky begründeten, treffen Menschen sehr häufig Entscheidungen unter erschwerten Bedingungen. Ihnen stehen entweder nicht alle relevanten Informationen zur Verfügung, oder es fehlt die Zeit, sie gebührend zu berücksichtigen. Allerdings lassen sich selbst unter suboptimalen Bedingungen oft noch recht gute Entscheidungen treffen, indem man schnelle und vereinfachende Strategien anwendet, so genannte Heuristiken. Sie bergen andererseits die Gefahr systemati­scher Urteilsverzerrungen, die als Bias (englisch für "Vorurteil, Schräglage") bezeichnet werden.

Die meisten Verzerrungen entstehen, wenn Menschen bei ihren Entscheidungen Informa­tionen heranziehen, die eigentlich irrelevant sind. Oft sind sie sich dabei gar nicht bewusst, dass solche Nebensächlichkeiten ihr Verhalten beeinflussen. Auch viele Fehler von Schiedsrichtern fallen in diese Kategorie ...

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  • Quellen und Literaturtipp

Literaturtipp

Memmert, D. et al.: Der Fußball, die Wahrheit: Fußballspiele werden im Kopf entschieden. SZ Edition, München 2013
Von Forschern geschriebenes populärwissenschaftliches Buch mit vielen sportpsychologischen Fakten


Quellen

Heinrichs, E.: Mythos Heimvorteil. Diplom­arbeit, TU Dortmund 2008

Heuer, A., Rubner, O.:Fitness, Chance, and Myths: An Objective View on Soccer Results. In: European Physical Journal B 67, S. 445-458, 2009

Put, K. et al.:Web-Based Training Improves On-Field Offside Decision-Making Performance. In: Psychology of Sport and Exercise 14, S. 577-585, 2013

Schweizer, G. et al.:A Video-Based Training Method for Improving Soccer Referees' Intuitive Decision-Making Skills. In: Journal of Applied Sport Psychology 23, S. 429-442, 2011

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