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Hirschhausens Hirnschmalz: Schnapsideen!

Eckart von Hirschhausen

Es gibt Studien, die allein durch die Originalität ihres Designs einen Ehrenplatz in dieser Kolumne verdienen. Auf die Idee, dass der Alkoholspiegel im Blut die politischen Überzeugungen beeinflusst, muss man erst mal kommen! Ich wüsste gerne, in welcher Situation das Scott Eidelman eingefallen ist – aber es ist gewiss kein Zufall, dass ein amerikanischer Wissenschaftler diesen Geistesblitz hatte. Denn in den USA blüht ein recht junger Forschungszweig, die politische Psychologie. Sie fragt: Was bestimmt unsere politischen Ansichten? Wie leicht sind sie formbar, und wie hängen sie mit unserer Persönlichkeit zusammen? In den Vereinigten Staaten sind diese Dinge auch einfacher als bei uns – man ist entweder Demokrat oder Republikaner, liberal oder konservativ. So etwas Verwirrendes wie die Piraten gibt es da (noch) nicht.

Die Psychologen aus Arkansas ließen 85 Kneipengänger per Fragebogen ihre politischen Einstellungen bekennen und anschließend ins Röhrchen pusten. Ihr ernüchterndes Ergebnis: Alkohol macht konservativ! Das ist keine Stammtischparole, sondern trockene Wissenschaft: Je mehr Promille die Probanden intus hatten, desto reaktionärer waren ihre Ansichten. Das galt auch für jene, die sich zuvor als linke Weltverbesserer eingestuft hatten. Wie ist dies zu erklären? Einige Psychologen glauben, dass politisch Konservative ein höheres Bedürfnis nach klaren, einfachen und sicheren Antworten haben, während Linke sich an neuen und offenen Gedanken erfreuen, ganz unabhängig von ihrer Intelligenz. Doch mit steigendem Alkoholgehalt wird das Denken langsamer und anstrengender, und schließlich bejaht man bereitwillig Aussagen wie: "Wenn man versucht, Dinge zu ändern, wird es meistens schlimmer als vorher."

Psychotest

Welcher Trinkertyp sind Sie?

Durch Alkohol werde ich:
  1. A) zum Tier
  2. B) zum Menschen
  3. C) zum Kotzen
  4. D) Was war noch mal A)?

Man kann sich also nicht nur die Umstehenden in der Kneipe schöntrinken, sondern auch die Lage der Nation. Die Untersuchung wirft ein neues Licht auf Politik, Promille und Prozente: Wahlergebnisse schwanken mit dem Wähler, je nachdem ob er zuerst ins Wahllokal geht oder ins Stammlokal. Sollte Allensbach also künftig bei der Sonntagsfrage auch pusten lassen? Und ist die Stimmabgabe jenseits der Fünf-Promille-Hürde noch gültig? Was hieße das für die FDP? Ist es Zufall, dass Bayern sich der weltweit höchsten Brauereidichte rühmt und seit Jahrzehnten von der CSU regiert wird? Oskar Lafontaine hatte zwar Recht: "Das Herz schlägt links." Aber die Leber sitzt rechts!

Übrigens testeten die Forscher außer Alkohol noch andere Methoden, die das Denken stören. Auch Zeitdruck oder ein nerviges Piepsen führen zum gleichen Ergebnis: Unser Hirn schaltet auf "overload", wir wollen Ruhe und Ordnung. Für einen langen, zusammenhängenden Gedanken, der die Welt verändern kann, braucht man Zeit und ungestörte Rechenkapazität. Wenn aber Info-Fastfood wie E-Mails, SMS und Tweets ständig unsere mentale Belastung erhöhen, ist es wohl naiv zu glauben, wir würden durch neue Informationstechnologien automatisch schlauer oder "fortschrittlicher". Wahrscheinlich werden wir alle immer spießiger, ohne es zu merken! Sogar die Jugend ist heutzutage zu beschäftigt, um rebellisch zu sein. Das Smarteste, was man mit einem Smartphone machen kann, ist also, es ab und zu abzuschalten. Und mal wieder ein ganzes G&G-Heft zu lesen, am Stück, nicht in Häppchen. Dann haben wir wieder was zu erzählen, zum Beispiel: Grüne werden durch Rotwein nicht blau, sondern schwarz. Prost!

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  • Quelle
Eidelman, S. et al.:Low-Effort Thought Promotes Political Conservatism. In: Personality and Social Psychology Bulletin 10.1177/0146167212439213, 2012

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