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Hirschhausens Hirnschmalz: Von Fischen und Angeln

Eckart von Hirschhausen

"Suchst du eine helfende Hand, such an deinem eigenen Arm." Irgendwie macht einen das Thema Helfen schnell hilflos. Es klingt so, als wären es nur die Loser, die um Hilfe bitten. Und seit dem Bestseller "Die hilflosen Helfer" hat jeder, der sich für andere einsetzt, selber ein Helfersyndrom. Hilft wenigstens die Forschung?

Holländische Psychologen untersuchten die Wirkungen und Nebenwirkungen beim Helfen und ließen Studenten knifflige Mathe-Rätsel lösen. Wenn sie nicht mehr weiterkamen, durften sie Hilfe annehmen – in Form einer Karte. Die gab entweder einen heißen Tipp oder verriet gleich die ganze Lösung. Einem Teil der Teilnehmer wurde zudem gesagt, sie sollten später selber hilfreiche Karten für zukünftige Testpersonen erstellen. Was kam dabei heraus?

Was trifft für Sie zu? Hilf dir selbst, dann …

  1. A) hilft dir keiner.
  2. B) hilft dir Gott.
  3. C) hilft nix.
  4. D) hilft nix.

Wer die Lösung erhält, statt mit einem Tipp selber draufzukommen, fühlt sich inkompetent – und mag daher weder sich, die Hilfe noch den Helfer. Das weiß hoffentlich jeder Pädagoge. Und jeder Belehrte kennt wohl Rachefantasien gegen uneinfühlsame Lehrkörper. Neu an der Studie ist: Der Perspektivwechsel bringt es! Statt es dem Helfer "zurückzuzahlen", testeten die Psychologen den Effekt des "Vorwärtszahlens", also der Weitergabe der Hilfe an Dritte. Nicht "Wie du mir, so ich dir" und auch nicht "Zeig mir deins, zeig ich dir meins", sondern: "Zeig es mir, dann zeig ich es Klaus!" (Der Name ist egal, Chantal und ­Kevin brauchen das erst recht.) Sofort steigt die eigene Kompetenz, und man fühlt sich dem Ersthelfer gegenüber nicht mehr unterlegen. Nebenbei passt man noch besser auf, wenn man es nicht nur selber kapieren, sondern weitergeben soll.

"Gib dem Hungrigen nicht den Fisch, sondern die Angel", lautet ein chinesisches Sprichwort. Vielleicht sollte man dem Hungrigen sogar zwei Angeln geben, damit er noch einem anderen das Angeln beibringt, sobald er es draufhat. Okay, Konfuzius wusste noch nichts vom Überfischungsproblem, aber der Ansatz ist spannend.

Ich unterstütze gerade im Unfallkrankenhaus Berlin ein Projekt, wo ehemalige Patienten die Akutpatienten besuchen, die einen Arm oder ein Bein verloren haben. Besser als jeder Arzt oder Psychologe kann ein Betroffener, dem über seinen Schicksalsschlag hinweggeholfen wurde, anderen Mut machen. Solche "Peer-to-Peer"-Netzwerke sind hilfreich, nur immer noch zu selten.

Gefühle sind ansteckend, positive wie nega­tive. Wer sich beim Geldteilen ungerecht behandelt fühlt, ist gegenüber Dritten ebenfalls geiziger. Also, was soll der Geiz beim Helfen und Wissenweitergeben? Sind wir nicht alle hilfs­bedürftig auf die Welt gekommen? Und bevor wir gehen, wieder hilfsbedürftig? Sollten wir nicht in der Zwischenzeit all unsere Intelligenz darauf verwenden, den Bedarf an Hilfe in der Gesellschaft menschlich zu bewältigen? Beherzigen wir die Psychologie des Weitergebens, nicht nur in Tests mit Studenten. Geben Sie das weiter?

Ein bisschen schwarzer Humor zum Schluss. Ein Tourist fällt in die Spree und schreit: "Help, help!" Auf der Brücke stehen zwei Berliner und gucken zu. Der Ertrinkende ruft: "¡Socorro! ¡Socorro!" Nix passiert. "Au secours, au secours!" Ein Berliner sagt: "Fremdsprachen müsste man können." Darauf der andere: "Hat's ihm geholfen?"

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