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Hirschhausens Hirnschmalz: Hau weg!

Hirschhausen Kolumne Gehirn und Geist

"Hals- und Beinbruch" wünscht man sich gern, unter Seglern auch "Mast- und Schotbruch". Seltsam, oder? Anscheinend glaubt man, mit der Beschwörung eines Unglücks genau dieses abwenden zu können – indem man das Schicksal verwirrt. Die höhere Macht muss ja eh schon alle Hände voll zu tun haben, die üblichen Stoßgebete, Flüche und Termine zu sortieren und zu beantworten. Da landen solche überraschenden Sonderwünsche hoffentlich in der Ablage zur späteren Bearbeitung und bleiben dort bis zum Sankt Nimmerleinstag.

Gibt es eine Logik im Unlogischen? Das legt nun eine Studie von Psychologen aus Chicago und Singapur nahe. Die Forscher untersuchten, nach welchen Regeln abergläubische Rituale weltweit funktionieren. Denn überall haben sich Menschen kleine oder größere Gegenzauber einfallen lassen, um den Zorn der Götter zu mildern. Viele klopfen zum Beispiel auf Holz, nachdem sie etwas gesagt haben, was das Schicksal herausfordern könnte. Wobei ich oft Schwierigkeiten habe, unter all den Möbelstücken in Reichweite blitzschnell das mit dem höchsten Holzanteil zu ermitteln. Ob das Schicksal zwischen Laminat, Pressspan und Vollholz unterscheidet?

Die These der Forscher lautete: Rituale, die Böses von uns fernhalten sollen, beinhalten eine Bewegung vom Körper weg – ob wir spucken, auf den Tisch pochen oder Salz verstreuen. Die Versuchspersonen mussten sich zuerst mit dem Schicksal anlegen, indem sie Dinge sagten wie: "Niemand, den ich kenne, wird diesen Winter einen Autounfall haben!" Anschließend sollten sie entweder bis fünf zählen, fünfmal von oben auf den Tisch klopfen oder fünfmal von unten. Nach der rituellen Handlung wurden sie gefragt, für wie wahrscheinlich sie es hielten, dass tatsächlich ein Bekannter verunglücken wird. Wer vom Körper weg auf den Tisch geschlagen hatte, reduzierte am effektivsten das mulmige Gefühl, er habe gerade einen Unfall heraufbeschworen. Zu sich hin zu klopfen, machte es schlimmer – sogar noch schlimmer, als gar nicht zu klopfen.

Psychotest

Was tun Sie, um das Schicksal abzuwenden, wenn es an Ihre Tür klopft?

  1. A) Ich tue so, als wär ich nicht da.
  2. B) Ich klopfe auf Holz.
  3. C) Ich schicke das Schicksal zu den Nachbarn.
  4. D) Ich nehme es in Schicksalshaft.

Dieses Prinzip galt auch für neue Rituale, welche die Forscher eigens für die Studie erfunden hatten. Einen Ball wegzuwerfen, reduzierte abergläubische Ängste stärker, als ihn in der Hand zu behalten. Hau weg das Schicksal! Die Psychologen vermuten, dass solche Muster auch anderen scheinbar sinnlosen Ritualen zu Grunde liegen. Gut möglich: Segler etwa kippen den ersten Schluck aus einer neuen Flasche ins Meer. Das soll Neptun gnädig stimmen – und ganz nebenbei dient es der Navigationsfähigkeit.

Mich erinnert das an die Skeptiker, die einmal Weihwasser analysierten und empört feststellten, dass es voller Keime ist. Aber könnte nicht genau das früher ein indirekter Nutzen des Bekreuzigens gewesen sein? Lange vor der Einführung von Impfungen kamen die Gläubigen auf diese Weise schon früh in Kontakt mit allen Erregern, die im Dorf kursierten – und erwarben so eine Grundimmunität. Die Wege der höheren Mächte sind manchmal wunderbar und um die Ecke! In diesem Sinne uns allen Halsweh und Beinbruch, oder zeitgemäßer: Festplattenabsturz und Funkloch! Und jetzt ganz schnell dreimal mit der Maus nach rechts wischen!

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  • Quelle
Zhang, Y. et al.:Reversing one's Fortune by Pushing away Bad Luck. In: Journal of Experimental Psychology: General 10.1037/a0034023, 2013

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