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Hörzentrum lernt sehen



Wie flexibel und vielseitig das Säugetiergehirn ist, zeigt sich unter anderem daran, dass beim Ausfall einer einzelnen Region benachbarte Areale deren Funktion nach einiger Zeit zumindest teilweise übernehmen können. Aber auch die Hirnentwicklung wird offenbar entscheidend von Außenreizen geprägt. Das demonstrierten nun Forscher um Mringanka Sur vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge. Sie durchtrennten den Sehnerv neugeborener Frettchen, sodass der Stumpf mit dem Teil des Zwischenhirns zusammenwuchs, der normalerweise Nervenimpulse des Hörnervs an das Hörzentrum im Großhirn weiterleitet. Dadurch gelangten visuelle Reize in eine Hirnregion, die sonst akustische Signale verarbeitet. Erstaunt stellten die Forscher fest, dass sich das Gehirn umgehend an die neuen Sinnesreize anpasste: Aus dem Hör- wurde ein Sehzentrum, das Lichtreize nicht als Tonempfindung, sondern als optischen Eindruck interpretierte. In dem betroffenen Bereich bildeten sich sogar für das Sehzentrum charakteristische Nervenzellen. Zugleich zeigten Verhaltenstests, dass die Tiere "sehen" können, wenn auch nicht ganz so gut wie normal. Die Ergebnisse legen die Interpretation nahe, dass es letztlich vom sensorischen Input einer Großhirnregion abhängt, welche Aufgaben sie schließlich übernimmt. (Nature, Bd. 404, S. 841 und 871)


Aus: Spektrum der Wissenschaft 7 / 2000, Seite 26
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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