Spezial Migranten: Wie wird man deutsch?
Herr Leszczensky, was entscheidet darüber, ob sich Migranten und ihre Nachfahren mit Deutschland identifizieren?
Die Einheimischen müssen ihnen zunächst einmal das Gefühl geben, dass sie überhaupt die Möglichkeit haben, eine deutsche Identität anzunehmen. Eine Identität kann man nur entwickeln und aufrechterhalten, wenn andere einem den Eindruck vermitteln, dass man auch wirklich dazugehört. Zur EM 2008 gab es einen TV-Spot mit Eltern deutscher Fußballnationalspieler. Sie veranstalteten ein multikulturelles Grillfest und sahen anschließend gemeinsam ein Länderspiel ihrer Kinder. Der Spot warb dafür, dass Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen am deutschen Nationalgefühl teilhaben können. Auch Politiker bemühen sich häufig, solche Zeichen zu setzen. Allerdings passen diese offiziellen Signale nicht zwangsläufig zu dem, was Migranten im Alltag erfahren. Nur wenn die Möglichkeit dazuzugehören spürbar ist, können Migranten entscheiden, ob sie das Angebot annehmen.
Und was liegt dieser Entscheidung zu Grunde?
Das haben wir Schüler der 5., 6. und 7. Klasse gefragt. Es zeigte sich, dass sie erst einmal vergleichsweise nüchtern überlegen, welcher Gruppe sie angehören. "Ich bin doch Deutscher, das steht in meinem Pass" und ähnliche Aussagen hörten wir häufig. Für einige war aber auch die eigene Herkunft beziehungsweise die der Eltern wichtig. Dies zeigen auch Interviews mit Fußballern, die Migranten der zweiten Generation sind und sich irgendwann entscheiden müssen, für welches Land sie spielen wollen. Einige sagen: "Meine Eltern sind türkisch, das heißt, ich bin auch türkisch – selbst wenn ich in Deutschland geboren bin." Solche Überlegungen allein machen aber noch keine vollständige Identität aus. Es spielt natürlich ebenso eine Rolle, welchem Land man sich gefühlsmäßig verbunden fühlt. ...
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