Im Rückblick
1900
Stickstoff und Wurzelwachsthum
Den Einfluß des Stickstoffs auf das Wurzelwachsthum hat Herr Müller-Thurgau in der Weise festzustellen gesucht, daß er von verschiedenen Pflanzen einen Theil der Wurzeln in eine, sämmtliche erforderlichen Stoffe enthaltende Nährlösung eintauchen ließ, während sich die übrigen Wurzeln in einer stickstofffreien, sonst gleichen Lösung befanden. ... Die Entwickelung der Wurzeln in der stickstoffhaltigen Nährlösung ist eine reichere, ihre Gesammtlänge ist beträchtlich größer. ... Dieser Unterschied in der Entwickelung der verschieden ernährten Wurzeln machte sich aber nur deutlich bemerkbar bei genügender Zuckerzufuhr. ... Nach diesen Versuchen können also die Wurzeln Eiweiß bilden, wenn ihnen einerseits von den Blättern oder Reservestoffbehältern Zucker und von außen her Stickstoff in Form von Salpetersäuresalzen zugeführt wird. (Naturwissenschaftliche Rundschau, XV. Jg., Nr. 42, 1900, S. 544)
Künstliche Seide aus Zellstoff
Als "Viscose" bezeichnen Cross und Bevan ... eine schleimige Substanz, welche aus Zellstoff durch Behandlung mit Natronlauge und Schwefelkohlenstoff erhalten wird und aus der man den angewandten Zellstoff mit grösster Leichtigkeit wieder regenerieren kann. Dabei kann man ... dem neu entstehenden Zellstoff jede beliebige Form geben, so dass wir heute mit Hilfe dieser Erfindung Zellstoff in massiven Blöcken oder durchsichtigen Tafeln herstellen oder denselben zu äusserst feinen Fäden spinnen können, welche der Seide täuschend ähnlich sind. (Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, Nr. 43, 1900, S. 344)
Eine Eiselektrisiermaschine
Die Herren Ebert und Hoffmann fanden, dass die meisten Körper, die man in flüssige Luft taucht, eine hohe elektrische Ladung annehmen, ... und dass diese Ladung ... lediglich durch die Reibung mit dem in flüssiger Luft stets enthaltenen Eis entsteht. Auf Grund dieser Beobachtung konstruierten sie eine sehr originelle Elektrisiermaschine. Wir sehen hier ein Drahtnetz M, das in einer Glasröhre eingeschlossen ist; um diese ist eine weitere Glasröhre mit Chlorcalciumstücken als dichter Mantel gelegt, um alle Feuchtigkeit vom Innenrohr abzuhalten. Um den Mantel auf niedere Temperatur zu bringen, wird durch Trichter B etwas flüssige Luft eingegossen, die durch C verdunsten kann. ... Lässt man durch Trichter A flüssige, mit Eis verunreinigte Luft fliessen, so wird das Drahtnetz stark negativ elektrisch, während die mit der flüssigen Luft abfliessenden Eisstückchen positiv geladen sind. Ein isolierter Draht O führt die Elektrizität, mit der man Schläge austeilen kann. (Die Umschau, IV. Jg., Nr. 44, 27. Oktober 1900, S. 876)
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1950
Das älteste Alphabet entdeckt?
Nach bisheriger Auffassung liegt den europäischen Kultursprachen das phönikische Alphabet zugrunde, das 22 Zeichen von nur konsonantischer Bedeutung umfaßt. Die Griechen bildeten dies um, indem sie drei phönikischen Hauchzeichen den Vokalwert a, e und o gaben und als 23. Zeichen das U an den Schluß setzten. Nunmehr hat der französische Archäologe C. F. A. Schaeffer in Ras Shamra in Syrien eine Tontafel ... ge-funden, auf der 30 alphabetische Zeichen in feiner, klarer Ugarit-Schrift eingegraben sind. Das zierliche Fundobjekt kann mit Sicherheit in das 14. Jahrhundert v. Chr. datiert werden. (Die Umschau, 50. Jg., Heft 19, 1950, S. 607)
Den Durchmesser von Pluto vermessen
Der erst 1930 entdeckte äußerste Planet des Sonnensystems, Pluto, ist wegen der großen Erdentfernung einer genaueren Untersuchung seiner Oberfläche nur schwer zugänglich. So wußte man bisher auch über seinen Durchmesser nichts Zuverlässiges. Die optischen Qualitäten des 5m-Reflektors auf dem Mt. Palomar ermöglichten jetzt einen wirklichen Fortschritt. Anläßlich eines Besuchs in Kalifornien konnte G. P. Kuiper vom Yerkes-Observatorium der Universität Chicago das Instrument benutzen, um Messungen des Winkeldurchmessers der Plutoscheibe durchzuführen. Das sichtbare Scheibchen ist mit 0.23" äußerst klein. Auf Grund seiner Erdentfernung beträgt der entsprechende lineare Durchmesser 5800 km mit einer Unsicherheit von etwa ± 5%. Damit würde Pluto nicht einmal die Hälfte des Erddurchmessers erreichen. Er rangiert vielmehr in bezug auf sein Volumen zwischen Mars und Merkur. (Die Umschau, 50. Jg., Heft 20, 1950, S. 641)
Tritium auch in der Natur
Dem Hamburger Physiker Professor Harteck ist unlängst der Nachweis des überschweren Wasserstoffs mit dem Atomgewicht 3, Tritium, in der Natur gelungen. Harteck ging von der Überlegung aus, daß in großen Höhen die kosmische Strahlung ähnliche Voraussetzungen für die Bildung des Tritiums schafft, wie sie in den USA bei der Tritiumgewinnung bestehen. Neben schwerem Wasserstoff, Deuterium, ... ließ sich im "Höhenwasserstoff" mit empfindlichen Zählrohren auch die schwache radioaktive Strahlung des Tritiums erkennen. Professor Harteck bestimmte die Anzahl der Tritium-atome im Liter Luft zu etwa 100 Stück. (Chemiker-Zeitung, 74. Jg., Nr. 43, 1950, S. 652)
Aus: Spektrum der Wissenschaft 10 / 2000, Seite 76
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