Paläoanthropologie: Per DNA-Verlust zum Menschen?
Wer im Zoo schon einmal Menschenaffen begegnet ist, dürfte die Faszination gespürt haben, die sie auf uns ausüben. Schon ihre langen Hände mit den geschickten Fingern wirken frappierend menschenähnlich, erst recht die ausdrucksstarken Gesichter, doch am meisten berührt der kluge Blick. Trotzdem heben wir uns von Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Orang-Utans in einer Reihe entscheidender Merkmale ab, etwa dem aufrechten Gang und dem wesentlich größeren Gehirn, das uns überragende Intelligenz verleiht.
Anthropologen und Evolutionsbiologen fragen sich seit Langem, welche Evolutionsereignisse den Menschen einzigartig gemacht haben und wie es überhaupt zu ihnen kam. Bei solchen Studien verwenden sie heute unter anderem das Rüstzeug der modernen Genetik. Ein Ergebnis, das sich nun abzeichnet, dürfte viele überraschen: Einige der markantesten menschlichen Merkmale beruhen anscheinend nicht auf einem Zugewinn an Genen, sondern auf dem Verlust zentraler DNA-Abschnitte.
Verschiedene Forschungslabors, darunter meines, haben zurückverfolgt, wie einige dieser Einbußen genau abliefen. Dazu verglichen wir das Genom des modernen Menschen mit dem Erbgut anderer Säugetiere, aber auch mit dem vom Neandertaler und seinem Vetter, dem Denisova-Menschen vom Altai-Gebirge. Wir erkannten: Seit sich unsere Abstammungslinie vor rund acht Millionen Jahren vom Schimpansenast abspaltete, sind in der DNA unserer Vorfahren bestimmte Kontrollelemente verschwunden: genetische Schalter, die bei den anderen Arten während der Entwicklung der Individuen einige Schlüsselgene aktivieren. Die gleichen DNA-Schaltelemente fehlten ebenso den Neandertalern, weshalb sie in einer frühen Phase der Menschenevolution verloren gegangen sein müssen, folglich bevor sich die beiden Menschenlinien trennten ...
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