Essay: Die Wirklichkeit der Natur
Man kann über die Welt geteilter Meinung sein. Sie ist die beste aller möglichen, wollte der Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 – 1716) beweisen; sie ist die schlechtestmögliche, fand später Arthur Schopenhauer (1788 – 1860). Im Mittelalter galt sie als Scheibe, und Kreationisten beharren noch heute darauf, dass sie nicht viel älter als 6000 Jahre ist. Für Kolumbus bildete sie eine meerbedeckte Kugel mit dem eurasischen Kontinent – im Westen Europa, im Osten Indien, weswegen er westwärts von Spanien aufbrach, um auf dem Seeweg um den Globus herum Indien zu erreichen. Als der Genuese endlich Land sah, meinte er, das ersehnte Ziel vor Augen zu haben. Er nannte das Gebiet folgerichtig Westindien und die Einwohner Indianer. In Wirklichkeit hatte Kolumbus die Neue Welt entdeckt.
In Wirklichkeit: Dieses auftrumpfende "in Wirklichkeit" wird immer dann bemüht, wenn sich eine vorgefasste Meinung über die Natur als falsch erweist. Die wirkliche Welt wird "entdeckt" – wie ein gedeckter Tisch, von dem man mit einem Ruck das Tischtuch wegzieht mitsamt den Tellern und Tassen. Klirrend fallen die Meinungen zu Boden und aufgedeckt wird, was darunter liegt: der nackte Tisch, Tabula rasa, die bloße Wirklichkeit.
Also her mit der unverstellten Wahrnehmung unserer fünf Sinne, die uns die Welt so zeigen, wie sie wirklich und wahrhaftig ist! Um die pure Wirklichkeit zu erkennen, müssen wir den Sinnen trauen, nicht irgendeiner Meinung glauben: Wie jeder Astronaut sieht, ist die Erde keine Scheibe. ...
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