Demenz: Ist Alzheimer ansteckend?
In seiner 25-jährigen Laufbahn als Neurologe hatte John Collinge schon hunderte Gehirne untersucht. Was er aber im Januar 2015 unter dem Mikroskop fand, hatte er noch nie zuvor gesehen.
Zusammen mit seinen Londoner Kollegen obduzierte er das Gehirn von vier Patienten, die mit Wachstumshormonextrakten aus dem Körper Verstorbener behandelt worden waren. Fatalerweise hatte sich später herausgestellt, dass einige der Extrakte mit Prionen kontaminiert waren. Diese fehlgefalteten Proteine verursachen die seltene, tödlich endende Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK), und in der Tat waren alle vier Patienten infolge der Behandlung im Alter zwischen 40 und 60 Jahren gestorben.
Die Gehirne sahen ungewöhnlich aus – nicht wegen der Prionenerkrankung, sondern weil sie seltsam vernarbt waren. "Da musste einfach mehr dahinterstecken", erzählt Collinge. Tatsächlich waren die Organe zusätzlich übersät mit weißlichen Plaques, wie sie eigentlich für die Alzheimerkrankheit typisch sind. Mit anderen Worten: Es schien sich um die Gehirne junger Menschen zu handeln – aber mit einer Krankheit alter Leute.
Collinges beunruhigende Schlussfolgerung: Nicht nur die Prionen, sondern auch die Plaques sind bei der Hormonbehandlung injiziert worden. Das wäre der erste Hinweis auf eine Übertragbarkeit der Alzheimerdemenz beim Menschen. Sollte sich das bewahrheiten, könnte der für die Krankheit verantwortlich gemachte Eiweißstoff beta-Amyloid sich nach jedem medizinischen Eingriff mit Körperflüssigkeiten oder Geweben, wie etwa bei Bluttransfusionen oder Organtransplantationen, im Körper eines Patienten wie eine Saat ausbreiten ...
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