Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Neurochips: Ein Hirn aus Silizium

Neuromorphe Computerchips sollen Nervenzellen nachbilden und eine neue Ära der Informatik einläuten. Vor allem ihre extreme Sparsamkeit begeistert Hardwareentwickler.
Natur trifft Technik

Seinen ersten Computer bekam Kwabena Boahen als Teenager geschenkt. Das war 1982. Damals lebte der Ghanaer noch in Accra. "Es war ein ziemlich cooles Ding", erinnert sich Boahen. Er brauchte nur einen Kassettenrekorder als Datenspeicher und einen Fernseher als Monitor, und schon konnte er losprogrammieren.

Erst als Boahen begriff, wie simpel der Rechner funktioniert, schmolz seine Begeisterung dahin. "Der Prozessor schob permanent Daten hin und her, und ich dachte: 'Mensch, der muss ja wie verrückt schuften!'" So ein Computer könne ruhig etwas »mehr Afrika« vertragen, sagte sich Boahen, "ein bisschen flexibler und weniger rigide arbeiten".

Als Bioingenieur an der Stanford University in Kalifornien zählt Boahen inzwischen zu einem erlauchten Kreis von Forschern, die genau solche Computer entwickeln wollen – indem sie unser Denkorgan nachbilden. Das Gehirn arbeitet bemerkenswert effizient und kann trotzdem Berechnungen ausführen, die selbst die besten Supercomputer in die Knie zwingen. Und das, obwohl es aus höchst unzuverlässigen Komponenten besteht. Ein Haufen organischer, langsamer und veränderlicher Nervenzellen, der in einem Schuhkarton bequem Platz hätte und dabei weniger Energie als eine Glühbirne verbraucht, kontrolliert Bewegungen, versteht Sprache und zieht logische Schlüsse. Nichts an diesem System erinnert auch nur entfernt an einen zentralen Prozessor.

Um ähnliche Leistungen genauso mit Siliziumtechnologie zu ermöglichen, setzen Forscher inzwischen auf nicht digitale Chips, die Netzen aus natürlichen Neuronen möglichst stark ähneln. Das von Boahen entwickelte System Neu­rogrid besteht aus einer Million Bausteinen – und simuliert damit etwa so viele Neurone, wie im Kopf einer Honigbiene stecken.

Nach einem Vierteljahrhundert Entwicklungsarbeit rücken nun konkrete Anwendungen für die "neuromorphe Technologie" in Reich­weite ...

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Wann klingt eine Sprache schön?

Klingt Italienisch wirklich schöner als Deutsch? Sprachen haben für viele Ohren einen unterschiedlichen Klang, dabei gibt es kein wissenschaftliches Maß dafür. Was bedingt also die Schönheit einer Sprache? Außerdem in der aktuellen »Woche«: Rarer Fund aus frühkeltischer Zeit in Baden-Württemberg.

Gehirn&Geist – Intelligent ohne Gehirn

Ob Pflanzen, Pilze oder Einzeller – selbst einfachste Organismen lernen und lösen Probleme, um zu überleben. Und dies ist nicht an ein Gehirn oder an Nervenzellen gekoppelt! Des Weiteren erklärt der Neurophysiologe Andreas Draguhn, ob alle Lebewesen denken können und welche Voraussetzungen sie dazu unbedingt mitbringen müssen. Außerdem berichten wir, warum die Natur, und besonders ihre Geräusche, auf uns gesundheitsfördernd wirken. Was löst chronischen Juckreiz, der Menschen in den Wahnsinn treiben kann, aus? Führt die Klimakrise zur Solidarität in der Gesellschaft oder gewinnt die Abschottung die Oberhand? Wie erklärt sich das Wahlverhalten in Deutschland und anderen europäischen Ländern? Kann digitale Desinformation durch Fake News den Ausgang von freien Wahlen beeinflussen?

Spektrum - Die Woche – Eine Pipeline quer durch die Artenvielfalt

In einigen der artenreichsten Naturräumen Ostafrikas entsteht eine 1445 km lange Öl-Pipeline. Der daran geknüpfte erhoffte Wohlstand ist ungewiss, der gigantische Umweltschaden jedoch ohne Zweifel. Wie es dazu kam, lesen Sie in der aktuellen »Woche«. Außerdem: die Debatte um KI als öffentliches Gut.

  • Quellen

Eliasmith, C. et al.:A Large-Scale Model of the Functioning Brain. In: Science 338, S. 1202-1205, 2012

Mahowald, M., Douglas, R.:A Silicon Neuron. In: Nature 354, S. 515-518, 1991

Mahowald, M. A., Mead, C.:The Silicon Retina. In: Scientific American 264, S. 76-82, 1991

Mead, C.: Analog VLSI and Neural Systems. Addison-Wesley, Hallbergmoos 1989

Mead, C.:Neuromorphic Electronic Systems. In: Proceedings of the IEEE 78, S. 1629-1636, 1990

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.