Interview: Biomedizinische Forschung: "Wir haben kein besseres Verfahren"
Spektrum: Herr Professor zur Hausen, Sie haben in Ihrer Karriere als Wissenschaftler rund 300 Fachartikel publiziert. Wie viel Ihrer Forschung blieb unveröffentlicht?
Zur Hausen: Das kann ich nicht genau beziffern. Ich habe viele Hypothesen aufgestellt; zum Teil erwiesen sie sich als unzutreffend, gelegentlich aber als richtig und führten dann auch zu Erfolgen. Hier und da sind wir von bestimmten Annahmen ausgegangen, dann aber auf ganz andere Phänomene gestoßen als erwartet, was sich als extrem fruchtbar herausstellte. Ich bin überzeugt davon, dass wir Forschung in breitem Umfang betreiben müssen, auch wenn wir wissen, dass sie nicht immer von Erfolg gekrönt ist. Täten wir es nicht, blieben viele originelle Ansätze unbearbeitet. Zumal Negativergebnisse ebenfalls wichtig sind: Wissenschaftler können ihnen entnehmen, dass sie sich eventuell in eine Sackgasse begeben haben.
Herr Professor Barner, braucht die Pharmaindustrie mehr Einsicht in medizinische Studien mit negativem Ausgang – in denen also die geprüfte Annahme nicht bestätigt wurde?
Barner: Die Schwierigkeit liegt darin, Arbeiten hinreichend zu standardisieren. Transparenz entsteht ja nur, wenn man Ergebnisse wiederfindet. Forschende Unternehmen müssen einen gewaltigen Aufwand betreiben, um allein ihre eigenen Ergebnisse für die eigenen Mitarbeiter wieder auffindbar zu machen. Wie viel größer wird der Aufwand, wenn man das weltweit versucht, unter Einschluss von Universitäten, wissenschaftlichen Organisationen und Gesellschaften? Wir bräuchten viel bessere Suchmaschinen, bessere Suchalgorithmen, bessere Datenbanksysteme, um das Wiederauffinden zu erleichtern. Da sehe ich die wesentliche Begrenzung. ...
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