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Interview: Ein revolutionäres Molekül

Der deutsche Chemiker Benjamin List erhielt zusammen mit David MacMillan den Chemie-Nobelpreis 2021. Wir sprachen mit List über seine Entdeckung, ihre Bedeutung für die Medikamentenentwicklung und wie sich mit Diamanten der Klimakrise beikommen ließe.
Benjamin List

Bis Anfang der 2000er Jahre gab es im Prinzip zwei Möglichkeiten, eine chemische Reaktion zu Wege zu bringen oder zu beschleunigen – also zu katalysieren: Entweder bediente man sich eines Enzyms oder man nutzte ein Molekül auf Metallbasis. Doch dann legten zwei Forscher, Benjamin List und David MacMillan, unabhängig voneinander den Grundstein für ein ganz neues Feld der Chemie: die asymmetrische organische Katalyse.

Ihre Idee war es, statt komplexer Enzyme oder giftiger Metallverbindungen organische Moleküle als Reaktionsbeschleuniger einzusetzen. Diese sind im Wesentlichen aus den Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff aufgebaut und können darüber hinaus noch Stickstoff, Schwefel oder Phosphor enthalten. List und MacMillan bewiesen, dass bereits einfache solcher Verbindungen komplizierte Reak­tionen antreiben können. Wichtig dabei: Wählt man das Molekül geschickt aus, dann entsteht in der Reaktion nur eine von zwei spiegelbildlichen Varianten der Zielsubstanz. Das ist entscheidend, denn solche Spiegelbilder – Enan­tiomere genannt – haben oft unterschiedliche Wirkungen, etwa auf den menschlichen Organismus. Eine asymme­trische Kata­lyse bedeutet, dass bevorzugt eine der spiegelbildlichen Varianten entsteht. Benjamin Lists erster Katalysator war dabei ein Molekül, das wir alle im Körper haben: die Aminosäure Prolin.

»Spektrum«: Herr List, wenn ich Sie Anfang Oktober 2021 gefragt hätte, wer in dem Jahr den Chemie-Nobelpreis bekommt: Auf wen hätten Sie getippt?

Benjamin List: Ich hätte auf Katalin Karikó getippt, sie hat die mRNA-Vakzine maßgeblich miterfunden, zusammen mit Drew Weissman vielleicht. Sie wäre meine Favoritin gewesen.

Jetzt haben Sie ihn bekommen, herzlichen Glückwunsch! Sie haben eine kleine Aminosäure namens Prolin als Katalysator getestet. Wann hatten Sie dabei zum ersten Mal das Gefühl, dass Sie etwas Bedeutendem auf der Spur sind?

Das allererste Experiment, das ich gemacht habe, hat gleich geklappt und zur ersten Publikation geführt …

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