Gesellschaft: Isolierte Seelen
Obwohl Carrie Aulenbacher einen liebevollen Ehemann und gute Freunde hat, fühlt sich die 38-jährige Sekretärin und Autorin oft allein. Schon in der Highschool im ländlichen Pennsylvania fürchtete sie sich davor, auf andere Mädchen zuzugehen. Zu groß war die Angst, dass ihr plötzlich die Worte fehlen oder die anderen sie ablehnen würden. Sie beurteilt sich permanent selbst und fragt sich: War sie für ihre Misere selbst verantwortlich, weil sie unbewusst Dinge auf andere Menschen projizierte? Sehnte sie sich so sehr nach Gesellschaft, dass sie andere abschreckte? Vor Kurzem nahm sie an einem Seminar teil. "Ich bin allein gekommen und habe allein zu Mittag gegessen", erinnert sie sich. "Niemand hat mich eingeladen, und ich habe nicht versucht, Anschluss zu finden."
Für manche mag das, was Aulenbacher empfindet, schlicht zum Leben dazugehören. Dennoch ist das Thema Einsamkeit in den vergangenen Jahren zunehmend in den Blick von Forschern verschiedenster Fachdisziplinen gerückt. Es gibt immer mehr wissenschaftliche Belege dafür, dass das Gefühl mit einer erhöhten Anfälligkeit für zahlreiche psychische und physische Erkrankungen zusammenhängt – von Depressionen über einen beschleunigten kognitiven Abbau bis hin zu Herz-Kreislauf-Problemen und Schlaganfall. 2015 nahm ein Team um Julianne Holt-Lunstad von der Brigham Young University in den USA zahlreiche Studien unter die Lupe, die zwischen 1980 und 2014 veröffentlicht worden waren. Dabei entdeckten die Psychologin und ihre Kollegen, dass Einsamkeit mit einem höheren Risiko einherging, vorzeitig zu sterben. Ihr Einfluss war dabei sogar teilweise noch ausgeprägter als der anderer Faktoren, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken, wie beispielsweise Fettleibigkeit. Eine entscheidende Rolle könnte dabei vor allem eine unzureichende soziale Einbindung spielen, wie die Forscher 2017 herausfanden ...
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