Archäologie: Verschwundenen Goldlettern auf der Spur
In der römischen Provinz Asia des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. bekundeten vergoldete Inschriften auf Friesen und Architraven der Tempel und Bogenmonumente, welchem Kaiser die Stadt den jeweiligen Prachtbau widmete – und um wessen Gunst sie buhlte. Bronzegießer hatten die Buchstaben gefertigt und vergoldet, dann hat man sie mit Stiften im Stein verankert. Leider wurden die meisten dieser "litterae aureae" irgendwann eingeschmolzen, das Metall wiederverwertet. Forscher versuchen, die verschwundenen Texte zu rekonstruieren, beispielsweise um die Monumente zu datieren oder neue Informationen über ihren Zweck zu gewinnen.
Aufschluss könnten die Stiftlöcher geben, die sich im Stein noch nachweisen und dokumentieren lassen – sofern ein eindeutiger Bezug zu den dort fixierten Buchstaben existiert. Doch im Osten des Imperiums war Griechisch gebräuchlich, und während zum Beispiel eine Verankerung mit drei Stiften in Form eines Dreiecks bei lateinischen Texten mit Sicherheit den Buchstaben "A" hielt, hätte es bei griechischen auch ein ^ (Lambda) oder ein Δ (Delta) sein können.
Der Tübinger Archäologe Richard Posamentir ging dieses Problem zunächst mit speziellen Aufnahmetechniken an. Insbesondere Architravblöcke des Zeus-Tempels in Aizanoi, einer im phrygischen Hochland (heute Türkei) gelegenen Stadt, gaben entscheidende Hinweise. Posamentir vermutete, dass die Metallbuchstaben den darunterliegenden Stein vor dem Verwittern schützten. Er machte die Oberflächenstruktur deshalb mit Streiflicht- und Ultraviolettaufnahmen sichtbar. Zwar bestätigte sich die Arbeitshypothese nicht, dafür wurde ein bislang von Forschern kaum beachtetes Detail sichtbar: Die quadratischen bis leicht rechteckigen Stiftlöcher wiesen seitlich kleine Kanäle auf, über die man wohl flüssiges Blei hineingegossen hatte, um die Stifte der Buchstaben zu fixieren ...
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben