Astronomie: Kaum dunkle Materie in frühen Galaxien
Manche Galaxien im frühen Universum enthielten offenbar deutlich weniger Dunkle Materie als heutige. Das folgert ein internationales Team von Astrophysikern um Reinhard Genzel vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching aus den Drehbewegungen von sechs besonders weit entfernten und massereichen Galaxien.
In ihnen rotieren die äußeren Bezirke langsamer um das Zentrum als weiter innen liegende Regionen. Dagegen bewegen sich in Spiralgalaxien aus unserer kosmischen Nachbarschaft alle Sterne etwa gleich schnell um das Zentrum der Scheibe, egal ob sie sich an deren Rand befinden oder weiter innen. Wissenschaftler machen dafür die Dunkle Materie verantwortlich. Galaxien sind demnach eingebettet in Wolken dieser hypothetischen, für Teleskope unsichtbaren Materieform. Ihre Schwerkraft erhöht die Rotationsgeschwindigkeit der äußeren Bezirke der Scheiben, die den Gravitationsgesetzen zufolge mit steigender Entfernung vom Zentrum eigentlich abnehmen müsste.
Bei den jetzt betrachteten Galaxien, deren Licht vor sieben bis elf Milliarden Jahren ausgesandt wurde, scheint das tatsächlich der Fall zu sein. Die Dunkle Materie macht weniger als ein Fünftel ihrer Masse aus, schätzen Genzel und Kollegen. Bei Galaxien in unserer Nähe ist es hingegen mehr als die Hälfte. Zwei Erklärungen für die überraschende Entdeckung sind laut den Forschern denkbar: Möglicherweise strömte im jungen Universum aus dem umliegenden Weltraum besonders viel gewöhnliche Materie ins Zentrum von Galaxien, was ihren hohen Anteil erklären würde. Oder aber damals waberten Dunkle-Materie-Wolken noch wild umher, weshalb es Regionen im All gab, in denen es zufällig weniger von der rätselhaften Substanz gab. Weitere Messungen müssen zeigen, ob es auch anderen Galaxien aus dem frühen Universum an Dunkler Materie mangelt.
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