Kirchenmumien: Unversehrt bis zum Jüngsten Gericht
Als Theodor Fontane die Kirche von Groß-Glienicke besuchte, »auf halbem Wege zwischen Potsdam und Spandau«, entdeckte er nicht nur die Gedenksteine des Ritters Hans Georg von Ribbeck und seines gleichnamigen Sohns, sondern zudem ihre Leichen. »Beide finden wir auch in der Gruft der Kirche wieder. Wie sie im Schiff, in bildlicher Darstellung, nebeneinanderstehen, so liegen sie hier nebeneinander. Wohlerhalten. Denn die Groß-Glienicker Gruft gehört zu den vielen in der Mark, in denen die beigesetzten Leichen zu Mumien werden«, notierte der Autor in seinen 1880 erschienenen »Wanderungen durch die Mark Brandenburg«. Und verfasste, von diesem Erlebnis beeindruckt, das oben zitierte Gedicht.
Das erstaunliche Phänomen war keineswegs auf diese Region begrenzt. Vielmehr gab es seit dem 16. bis ins frühe 20. Jahrhundert eine regelrechte europäische Mumientradition. Zu Fontanes Zeit galt dergleichen allerdings oft als Kuriosität und fand eher Eingang in Gruselgeschichten und Heimatlegenden als in wissenschaftliche Abhandlungen. Beispielsweise erklärte man sich den seit seinem Tod 1702 kaum verwesten Ritter Christian Friedrich von Kahlbutz in der Dorfkirche von Kampehl (Brandenburg) mit einem Mord und einem Meineid. Er habe den Verlobten seiner Dienstmagd umgebracht, weil die ihm das Recht der ersten Nacht verweigert hatte ...
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