Physik: Kleinster Neutrinodetektor der Welt
Ein internationales Physikerteam hat erstmals beobachtet, dass Neutrinos an Atomkernen abprallen. Forscher suchen nach dieser "kohärenten Neutrinostreuung" bereits seit mehr als 40 Jahren, konnten sie bisher aber nicht aufspüren. Neutrinos sind fast masselose Elementarteilchen ohne elektrische Ladung, die gewöhnliche Materie meist unmerklich durchdringen.
Selbst wenn sie direkt mit einem Nukleus kollidieren, ist der resultierende Rückstoß so winzig, dass er sich kaum von der natürlichen Bewegung von Atomen unterscheiden lässt. Bisherige Neutrinodetektoren basieren daher auf anderen Prinzipien: Beispielsweise wandeln vorbeifliegende Neutrinos manchmal ein Neutron eines Atomkerns in ein Proton um. Dabei entsteht ein Elektron, welches Messinstrumente nachweisen können. Allerdings müssen Forscher dafür Detektoren aus tonnenschweren, mit einer speziellen Flüssigkeit gefüllten Tanks bauen.
Der Detektor des 81-köpfigen Teams um Juan Collar von der University of Chicago ist hingegen kaum größer als eine Champagnerflasche. Er besteht aus einem 14,6 Kilogramm schweren, mit Natrium dotierten Kristall aus Zäsiumjodid. In dem Material stoßen Neutrinos vergleichsweise geringer Energie besonders häufig auf Atomkerne. Nach solch einer Kollision bewegen sich die Nukleonen im Kristallgitter ein wenig und senden dabei kurze Lichtblitze aus.
Die Physiker wiesen im Lauf von 15 Monaten insgesamt 134 Neutrino-Atomkern-Stöße nach. Die nötigen Neutrinos lieferte ein Protonenbeschleuniger am Oak Ridge National Laboratory im US-Bundesstaat Tennessee, der Quecksilberatome zertrümmert. Dabei entstehen neben Neutrinos auch die deutlich schwereren Neutronen. Da sie den Detektor ebenfalls ausschlagen lassen würden, mussten die Forscher diesen durch eine zwölf Meter dicke Wand abschirmen. Den Wissenschaftlern zufolge kommt das neue Gerät unter anderem für den Einsatz in Kernreaktoren in Frage, in denen Neutrinos in großer Zahl entstehen.
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