Serie Praktische Psychologie: Neuropsychologische Detektivarbeit
Welche erstaunlichen Leistungen das Gehirn tagtäglich vollbringt, damit wir lesen, sprechen, sehen oder uns erinnern können, wird oft erst deutlich, wenn infolge einer Hirnverletzung etwas nicht mehr so klappt wie zuvor. Menschen mit Hirnschädigungen liefern Neuropsychologen daher wichtige Hinweise darauf, wie das Gehirn üblicherweise funktioniert. Denn wenn der Ort der Störung bekannt ist, können sie anhand der Symptome ihrer Patienten darauf schließen, an welchen Funktionen die betroffenen Hirnstrukturen normalerweise beteiligt sind.
Dieses Ziel verfolgen klinische Neuropsychologen. Sie stellen sich zwei zentrale Fragen: Wie funktioniert das Gehirn? Und wie kann dieses Wissen genutzt werden, um Menschen mit einer erworbenen oder angeborenen Hirnschädigung zu helfen?
Die klinische Neuropsychologie ist ein relativ junges Teilgebiet der Psychologie. Wer sich auf die Suche nach ihren Wurzeln begibt, stößt auf ein Geflecht verschiedener Disziplinen, bestehend aus Bereichen der Medizin, Neuroanatomie, Psychologie und Psychiatrie. Entscheidend geprägt hat die klinische Neuropsychologie der britische Arzt Thomas Willis (1621–1675), der bereits 1664 die Theorie vertrat, die unterschiedlichen Strukturen des Gehirns (welche die Anatomen schon früh entdeckt hatten) ließen sich auch in ihrer Funktion voneinander abgrenzen. Willis’ Annahme löste über Jahrhunderte hinweg unter Fachleuten hitzige Debatten aus. Doch inzwischen ist dank Untersuchungen an Tieren, an gesunden Menschen und an solchen mit Hirnschädigungen sowie durch bildgebende Verfahren klar: Das Gehirn ist funktionell spezialisiert. Bewegen wir etwa unsere Hand, werden andere Bereiche des Gehirns aktiv als beim Lesen dieses Textes. ...
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