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Bundestagswahl Teil III:: Kommentar: Technologietransfer in Nöten



Haben Sie schon einmal Ihr Handy nach Ihrem Kontostand gefragt? Noch würden Sie da auf taube Ohren stoßen. Doch verbesserte Spracherkennung, -verarbeitung und -ausgabe, Biometrie und Übertragungstechnik im Internet werden das Mobiltelefon irgendwann zum eloquenten, vertrauenswürdigen und allwissenden Gesprächspartner machen. Dafür brauchen Sie dann kein spezielles Gerät mehr. Vielmehr sprechen Sie in das Mikrofon Ihrer Uhr, das System antwortet über die Lautsprecher in Ihren Brillenbügeln, und die Kontobewegungen erscheinen in Ihrer halbtransparenten Brille. Ähnliche Umwälzungen sind auch von der Gentechnik, Nanotechnik und Robotik zu erwarten.

"Womit erwirtschaften wir das Bruttosozialprodukt 2027?" Diese Frage bewegt die Bevölkerung der USA. Denn nach dortigem Empfinden berührt Wissenschaft auch unmittelbar die nationale Sicherheit. Deshalb will die US-Regierung ihren Forschungsetat bis 2010 auf 160 Milliarden Dollar verdoppeln – mit dem erklärten Ziel, die Zukunftsindustrien weltweit zu dominieren.

Unsere Wettbewerbsfähigkeit hingegen nimmt bei forschungsintensiven Gütern seit zehn Jahren ab. Schuld daran haben nicht nur die mangelnden Investitionen hierzulande: Konkrete Forschungsziele und davon abgeleitete Strategien sind weit und breit nicht erkennbar. Auch die Kommunikation der politisch Verantwortlichen mit der Wissenschaft und der Industrie verläuft in Deutschland anders. Während der US-Präsident von Spitzenforschern und -ökonomen beraten wird, befindet sich die Forschungsministerin Bulmahn mit 1500 "Nichtwissenschaftlern" im Forschungsdialog "Futur". Es geht bei diesen Gesprächen nicht um Forschungsinhalte, sondern darum, "was die Gesellschaft bewegt". Ein Beispiel ist die "Vorausschauende Planung und Gestaltung lebenswerter Arbeit in der Wissensgesellschaft". Uns fehlen rund acht Millionen Arbeitsplätze, und nun soll das, was fehlt, mit Steuergeldern menschlich gestaltet werden?

Kritik verdient vor allem die "Vermarktung" der Wissenschaften. Für InnoRegio – einen ostdeutschen Wettbewerb des Bundesforschungsministeriums – stehen bis 2006 nicht weniger als eine viertel Milliarde Euro zur Verfügung. Doch die Öffentlichkeitsarbeit dafür wirkt jämmerlich unprofessio-nell. Es gibt weder Medienpartner noch eine Medienresonanz. Stattdessen gibt man Geld aus für Begleitforschung, die inzwischen zwanzig Megabyte große Berichte produziert hat.

Die Folge: InnoRegio ist heute allenfalls Insidern bekannt. Und dabei wäre eine Aufbruchstimmung gerade für Ostdeutschland so wichtig.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 9 / 2002, Seite 100
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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