Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Konnektomik : Per Tollwut ins Gehirn

Gentechnisch veränderte Tollwuterreger helfen Wissenschaftlern dabei, neuronale Verknüpfungen zu untersuchen – mit bisher unerreichter Präzision.
Das Bild zeigt den lateralen vestibulären Nukleus im Hirnstamm einer Maus. Die grün leuchtenden Neurone sind mit einem gentechnisch veränderten Tollwutvirus infiziert.

Im fahlen Licht der Mondnacht, das über dem englischen Moor lag, erstarrten die drei Rei­senden vor Grauen darüber, was sie vor sich ­sahen: ein widerliches Wesen, eine große schwarze Bestie von der Gestalt eines Hundes, nur viel größer als irgendein Hund, den je ein sterbliches Auge erblickt hatte. Vor ihren entsetzten Augen riss das Tier Hugo Baskerville die Kehle heraus. Dann sah es mit glühenden Augen und triefenden Lefzen auf die drei, und sie schrien vor Angst und ritten um ihr Leben.

»Der Hund von Baskerville«, einer der bekanntesten Romane Arthur Conan Doyles, ist noch heute eine schaurige Lektüre. Glaubt man Medizinhistorikern, wirkte er auf Doyles Zeitgenossen aber weitaus beklemmender als auf uns – und zwar, weil die Tollwut damals, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, viel präsenter war und die Angst davor viel verbreiteter. Mit seiner Fähigkeit, ein zahmes Haustier in eine wütende, schäumende Bestie zu verwandeln, deren Biss den nahezu sicheren Tod bedeutete, war das Tollwut­virus eine der gefürchtetsten Geißeln der Menschheitsgeschichte.

Bereits im Jahr 1804 belegten Experimente des deutschen Arztes Georg Gottfried Zinke, dass der Speichel tollwutkranker Tiere das Virus in großen Mengen enthält. Der Befall mit diesem Erreger führt zu erhöhter Aktivität der Speicheldrüsen, zu Schluckstörungen und somit zu dem typischen Geifern tollwütiger Hunde. Louis Pasteur, der Mitbegründer der medizinischen Mikrobiologie, bewies zudem in den 1880er Jahren, dass das Virus das Gehirn der infizierten Tiere befällt. Beide Eigenschaften treten nicht zufällig gemeinsam auf. Offenbar kombiniert der Erreger die besondere Befähigung dafür, über den Speichel des Wirts übertragen zu werden, mit dem Vermögen, diesen zu aggressivem Beißverhalten anzustacheln. Anders gesagt: Das Virus manipuliert die Hirnfunktionen des Wirts, wodurch es sehr effektiv weitere Tiere infizieren kann ...

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Mehrere Higgs-Teilchen vor dem Aus?

2012 wurde der Nachweis des Higgs-Teilchens vom CERN bekannt gegeben, seitdem wird fleißig weiter geforscht. Warum gibt es mehr Materie als Antimaterie? Was ist Dunkle Materie? Diese und weitere Fragen behandeln wir in unserer Titelgeschichte. Außerdem: Die seelische Gesundheit unserer Kinder.

Gehirn&Geist – Faszination Gehirn: 38 Infografiken über unser Denken, Fühlen und Handeln

Weil Sprache allein nicht immer das beste Kommunikationsmittel ist, werden seit 2013 ausgewählte Inhalte auf eine andere Art präsentiert: in Infografiken. Denn manches lässt sich in Bildern so viel einfacher darstellen als mit Worten. In dieser Spezialausgabe von »Gehirn&Geist« präsentieren wir ein »Best-of« unserer Infografiken zu Psychologie, Hirnforschung und Medizin. Wie funktioniert unser Orientierungssinn? Was haben Darmbakterien mit der Psyche zu tun? Was macht eine angenehme Unterhaltung aus? Wie wirkt Alkohol im Gehirn? Und warum lassen wir uns im Supermarkt so leicht zu Spontankäufen animieren? Antworten auf diese und viele weitere Fragen finden Sie in dieser Spezialausgabe von »Gehirn&Geist«. Jede der 38 Grafiken im Heft widmet sich einem eigenen Thema.

Spektrum - Die Woche – Wann klingt eine Sprache schön?

Klingt Italienisch wirklich schöner als Deutsch? Sprachen haben für viele Ohren einen unterschiedlichen Klang, dabei gibt es kein wissenschaftliches Maß dafür. Was bedingt also die Schönheit einer Sprache? Außerdem in der aktuellen »Woche«: Rarer Fund aus frühkeltischer Zeit in Baden-Württemberg.

  • Quellen

Ghanem, A., Conzelmann, K. K.: G Gene-Deficient Single-Round Rabies Viruses for Neuronal Circuit Analysis. In: Virus Research 216, S. 41–54, 2016

Watabe-Uchida, M. et al.: Whole-Brain Mapping of Direct Inputs to Midbrain Dopamine Neurons. In: Neuron 74,
S. 858–873, 2012

Wickersham, I. R. et al.: Monosynaptic Restriction of Transsynaptic Tracing from Single, Genetically Targeted Neurons. In: Neuron 53, S. 639–647, 2007

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.