Chemie: Kontrolliertes Chaos
Chaotische Systeme zeigen den berühmten Schmetterlings effekt: Schon eine winzige Störung kann so weit reichende Folgen haben, dass längerfristige Prognosen kaum möglich sind. Namensgebendes Beispiel ist der Flügelschlag eines Schmetterlings in China, der Unwetter in Europa heraufbeschwört. Doch manchmal lässt sich das Chaos gleichwohl steuern. Dies ist jetzt einem Team um Gerhard Ertl vom Berliner Fritz-Haber-Institut bei einer chemischen Reaktion gelungen: der Oxidation von Kohlenmonoxid (CO) auf einer Platinoberfläche, wie sie sich in Auto-Abgaskatalysatoren abspielt. Mit einem speziellen Elektronenmikroskop beobachteten sie auf dem Edelmetall spiralwellenartige Muster der CO-Bedeckung, die rasch wechselten und so sensibel auf den CO-Gehalt in der Gasphase reagierten, dass sie sich nicht vorhersagen ließen. Beim Versuch der Chaos-Lenkung überwachten die Forscher das Ausmaß der CO-Bedeckung anhand der Gesamthelligkeit im Sichtfenster des Mikroskops. Wenn sie dabei viel CO auf dem Platin feststellten, drosselten sie die Zufuhr des Gases – und verstärkten sie wieder, sobald das Metall an CO verarmte. Und siehe da: Stimmten Timing und Dosierung, dann bildeten sich stabile raum-zeitliche Muster. Eine recht simple Rückkopplung bringt also Ordnung ins Chaos. (Science, Bd. 292, S. 1357)
Aus: Spektrum der Wissenschaft 7 / 2001, Seite 26
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