Kosmologie: Wie standhaft ist das Standardmodell?
Die Risse im Theoriegebäude der Kosmologie tauchten erstaunlich schnell auf. Kaum hatte das James Webb Space Telescope (JWST) im Frühjahr 2022 zum ersten Mal die Tiefen des Alls anvisiert, da gerieten schon extrem weit entfernte, aber sehr leuchtkräftige Galaxien ins Sichtfeld. »Sie waren immens hell und stachen regelrecht heraus«, erinnert sich Rohan Naidu, Astronom am Massachusetts Institute of Technology. Die Entfernung der Galaxien von der Erde schien darauf hinzudeuten, dass sie viel früher in der Geschichte des Universums herangewachsen sind als bis dahin angenommen.
Zwar gab es Zweifel an der Belastbarkeit der Daten, doch zumindest für einige der Galaxien bestätigte eine Untersuchung im Dezember 2022: Die Galaxien müssen tatsächlich erstaunlich kurz nach dem Urknall entstanden sein. Eine von ihnen sendete ihre Strahlung 330 Millionen Jahre nach der Geburt des Kosmos aus und ist damit der neue Rekordhalter für die früheste bekannte Struktur im Universum. Ihr Leuchten ist relativ schwach, allerdings sind andere Kandidaten, die grob aus derselben Epoche stammen, deutlich heller und deswegen potenziell entsprechend größer.
Damit stellen sich heikle Fragen. Wie konnten sich bereits so zeitig inmitten heißer Gaswolken Sterne bilden? Was trieb sie dazu, sich derart hastig zu großen, gravitativ gebundenen Strukturen zusammenzufinden? Es ist ein wenig so, als fände man in den frühesten erdgeschichtlichen Gesteinsschichten ein fossiles Kaninchen.
Das derzeitige Verständnis von der Entwicklung des Alls war angeschlagen …
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