Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Epilepsie: Krämpfe unterm Objektiv

Jeder dritte Epilepsiepatient spricht nicht auf die gängigen Medikamente an. Stefan Remy und Christian Elger von der Universität Bonn erklären, wie Forscher den Ursachen dieser Therapieresistenz auf die Spur kommen wollen: indem sie an herausoperiertem Hirngewebe Krampfanfälle auslösen.
Unter Beobachtung
Während Peter K. morgens die Zeitung liest, sehen mehrere Augenpaare seinem Gehirn bei der Arbeit zu. Die Elektrodenscheibe unter seiner Schädeldecke, beinahe auf der Hirnoberfläche, sendet ununterbrochen Signale an einen Computer. Auf den Bildschirmen betrachten Wissenschaftler verschiedene Linien, jede von ihnen zeigt die Aktivität in einer von Herrn K.s Hirnregionen. Doch der Proband und das Forscherteam interessieren sich nicht dafür, wie das Gehirn Buchstaben entschlüsselt – sie warten auf einen epileptischen Anfall.
Peter K. ist Patient in der Klinik für Epileptologie der Universität Bonn. Außerdem ist er therapieresistent. Das bedeutet, er probierte schon alle gängigen Medikamente aus, auch in Kombination, doch die Anfälle kamen immer wieder. Als letzten Ausweg planen die Ärzte nun eine Operation. Doch dazu muss zunächst zweifelsfrei bestimmt werden, in welchem Hirngebiet die Krämpfe ihren Ursprung haben. Das erfordert eine oft wochenlange Beobachtung. Dennoch liegt die Chance, dass der Anfallsherd herausoperiert werden kann, nur bei etwa 10 bis 20 Prozent. In den restlichen Fällen misslingt entweder die Ortung, oder die fragliche Hirn­region kann nicht herausgeschnitten werden, ohne dass mit gravierenden Folgen für den Patienten zu rechnen ist.
Eigentlich ist Epilepsie heute gut behandelbar: Zwei Drittel der Patienten bekommen ihre Krankheit mit den verfügbaren Medikamenten in den Griff, viele werden schon im ersten oder im zweiten Anlauf anfallsfrei. Beim Rest führen allerdings selbst mehrfache Versuche nicht zum Erfolg ...

Kennen Sie schon …

Spektrum Kompakt – Neuroimmunologie - Körperabwehr im Gehirn

Auch im Gehirn finden ständig Immunprozesse statt – einerseits durch in dem Organ beheimatete Zellen, andererseits durch die Körperabwehr, die an gesunden sowie krankhaften Prozessen im zentralen Nervensystem mitwirkt.

Spektrum Kompakt – Neurodiversität – Vielfalt im Gehirn

Wenn die Hirnverdrahtung einer Person deutlich anders ist als die der Mehrheit, ist sie deshalb gleich »krank«? Das Konzept der Neurodiversität widerspricht dem – und versteht Autismus, ADHS und andere Abweichungen vom Durchschnitt als natürliche Variationen im Denken und Erleben.

Spektrum - Die Woche – E-Fuels: Zu schade fürs Auto

Benzin, das mit Strom chemisch hergestellt wird – kann das sinnvoll sein? Viele finden es besser, den Strom direkt zu nutzen. Ebenso kontrovers geht es beim Thema Insekten zu, die jetzt in Lebensmitteln auftauchen dürfen. Die gute Nachricht: Man kann sie sich auch bloß ins Gesicht schmieren.

  • Quellen
Literaturtipp

Krämer, G.: Der große Trias-Ratgeber Epilepsie. Trias, Stuttgart 2005.
Umfangreicher, leicht verständlicher Ratgeber für Patienten und Angehörige


Quellen

Remy, S., Beck, H.:Molecular and Cellular Mechanisms of Pharmacoresistance in Epilepsy. In: Brain 129(1), S. 18-35, 2006.

Remy, S. et al.:A Novel Mechanism Underlying Drug Resistance in Chronic Epilepsy. In: Annals of Neurology 53(4), S. 469-479, 2003.

Volk, H. A., Löscher, W.:Multidrug Resistance in Epilepsy: Rats With Drug-Resistant Seizures Exhibit Enhanced Brain Expression of P-Glycoprotein Compared With Rats With Drug-Responsive Seizures. In: Brain 128(6), S. 1358-1368, 2005.

Tishler, D. M. et al.:MDR1 Gene Expression in Brain of Patients with Medically Intractable Epilepsy. In: Epilepsia 36(1), 1-6, 2005.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.